Mittwoch, 12. Dezember 2007

Familienbesuch

Ich gebe es zu: ich bin fremdgegangen. Ich habe das letzte Wochenende vor meinem Heimatbesuch bei einer fremden Familie verbracht, und zwar bei der von Natalia in Roseto, einer kleinen Stadt in den Abruzzen.
Ein Wort zu meiner Verteidigung: ich war einfach neugierig ob die Familie dieser Energiebombe genauso durchgeknallt ist wie sie ;-)! Musste aber feststellen dass Natalia einfach durch nichts zu toppen ist, nichtmal durch ihren sechsjährigen Bruder Alessandro. Dieser hat es mir besonders angetan, er hat nämlich sympathischerweise den gleichen Sprachfehler wie ich: er kann das italienische R nicht gescheit rollen. Mit dem Unterschied, dass er deshalb zur Logopädin geht, während ich es einfach nicht mehr lernen werde, und das obwohl ich Fränkin bin ;-)!
Der Kleine hat auf alle Fälle sofort Shima und mich in Beschlag genommen, uns zum Tischfußballspielen verdonnert und uns dann den marinelli`schen Kleintierzoo vorgestellt (Hund vorm Haus, Katze im Haus, Schildkröte in der Dusche).
Den Samstag haben wir, also Natalia, Shima, Nataliamama, Alessandro und ich, ehrlich gesagt fast vollständig im neueröffneten Shoppingcenter Gran Sasso verbracht, der einzigen Attraktion vor Ort; von diesem Konsumtempel mal abgesehen hat Roseto in etwa den Charme einer ostdeutschen Plattenbausiedlung (sorry Belinda, von diesen Abscheulichkeiten mal abgesehen ist deine Heimat berauschend schön ;-)!
Bei einem kleinen Päuschen zwecks Nahrungsaufnahme bekamen wir witzigerweise Bierdeckel mit dem verschneiten München drauf; das hab ich dann Alessandro gezeigt und ihm erklärt dass das eine Stadt in meiner Heimat ist (er hatte bis dato nicht kapiert dass ich Ausländerin bin; ist ja, rein optisch gesehen, auch nicht so leicht zu enttarnen wie beispielsweise bei Shima, die in seinen Augen zum asiatischen Prototypen par excellence geworden ist- bei jeder Japanerin oder Chinesin, die er sieht, ist er der Meinung das sei die Mama/Schwester/Oma von Shima ;-). Auf jeden Fall wollte er dann, dass ich ihm auf dem Bierdeckel das Haus zeige in dem ich wohne; und glaubt nicht dass er sich mit so Larifari-Ausreden à la "das kann man da nicht so gut erkennen" hätte abspeisen lassen! Also haben wir der Einfachheit halber beschlossen, dass ich in der Frauenkirche in München wohne, dem einzigen Gebäude, das gut erkennbar abgebildet war.
Abends sind Nata, Shima und ich dann ich weiß nicht wie in einem unmöglichen Snob-Tanzschuppen, sorry, LOUNGE, gelandet- überall Kronleuchter, Marmorstatuen, Typen mit Anzug, Kravatte und Champagnerglas in der Hand und optisch dazu passende Damen, die den Eindruck machten als hätten sie in ihrem Leben keine anderen Sorgen als zwingend Kleidergröße 32 beizubehalten und eines Typen mit Anzug, Kravatte und Champagnerglas in der Hand habhaft zu werden. Also genau die Umgebung in der ich mich wohl fühle- aaaahh, wo ist das Laby?!?
Sonntag musste ich dann leider schon wieder den geordneten Rückzug nach Siena antreten weil hier in der letzten Woche vor der Abfahrt einfach noch soooo viel zu regeln ist! "zwei Seelen wohnen ach, in meiner Brust"- was denn, nur zwei??? Faust ist ein Weichei! Wir, die Römleins, sind momentan mindestens zu zehnt, anders wäre das alles im Moment garnicht zu bewältigen! Geschenke kaufen, Sachen packen, nochmal mit José Salsa tanzen gehen, Geschenke einpacken, kreative Karten basteln, Wohnung putzen, Uni gehen (manchmal), und dann natürlich heute einen Umzug regeln: Überraschung! Ab Januar wird Clara, meine kleine andalusische Bombe, bei uns wohnen!!! Aber das bedeutet natürlich auch einen Abschied, und zwar von Shima, meiner kleinen, friedlichen, nonstop lächelnden Lieblingsjapanerin, die am 20. nach Tokio ins Hotel Mama zurückkehrt (kleine Anspielung, hat`s jemand gemerkt?! hahaha, totlach...) Sie wird mir fehlen, geht doch mit ihr nicht nur eine liebe Freundin, sondern auch der einzige Ruhepol in unserer geräuschverseuchten Wohnung!
In der ist übrigens gestern Abend ein Wunder geschehen: ich kam von einer Spanier-Weihnachtsfeier heim (nein Mama, ich bin NICHT nachts alleine nach Hause gelaufen, ich befand mich wie immer in der sicheren Obhut von Carlos und Clara, denen dein Dank auf ewig hinterherschleichen wird ;-), und da fand ich Natalia ganz ruhig, ausgeglichen und zufrieden in der Küche vor. Ich dachte schon sie hätte den Ratgeber "Wie werde ich Buddha in acht Tagen" von C. Giacobbe in der Bücherei entdeckt, aber nein, das waren nur die Nachwirkungen eines Gute-Nacht-Joints (nein Mama, ich gucke sowas noch nichtmal schief an ;-)- fein fein, sie ist ruhig und ausgeglichen weil sie was geraucht hat, ich bin ruhig und ausgeglichen weil sie ruhig und ausgeglichen ist, und alle sind glücklich und zufrieden. Ich bin für die Legalisierung von Marihuana.
So meine Lieben, ich pack dann jetzt mal die letzten zu organisierenden Dinge an (der Kontrollteufel ist voll in seinem Element); und dann seh ich euch ja ganz bald zu Hause! Ich drück euch ein letztes Mal via Blog, dann in echt! Bis nächste Woche! Eure Römleins

Dienstag, 4. Dezember 2007

Jo mei, mir ham an Weihnachtsmarkt!

Die ganze Zeit über erwies sich Siena ja als eher weihnachtsmuffelig (wenn`s um ihren Palio geht drehen die Senesen feiertechnisch ab, aber dass sie mal ne Tanne auf die Piazza stellen, das geht nicht!) Zwar haben sie schon vor Wochen begonnen, halbherzig Lichterketten über die Gässchen zu spannen, aber den entscheidenden Schritt diese auch anzuzünden sind sie dann doch nicht gegangen, man muss es ja nicht übertreiben. Aber mit dem 1. Dezember wurde alles anders. Die mittelalterlichen Strässchen erstrahlen in weihnachtlichem Glanz (und damit meine ich Glanz im Sinne von stimmungsvoller Beleuchtung, nicht das psychedelische Las-Vegas-Geblinke der ascheberscher Innenstadt!), und die Senesen setzen sogar noch eins drauf: ein österreichischer Weihnachtsmarkt, direkt neben der Fortezza! Du kriegst die Tür nicht zu! So richtig mit Buden, Glühwein, selbstgedrehten Kerzen, einem Stand mit echtem, gesalzenem, nach was schmeckendem Vollkornbrot, Sauerkraut, Flammkuchen, alles was das Herz begehrt, nur ohne kalt. Klar also dass gestern Abend eine Gruppe von etwa 30 Deutschen Erasmusstudenten nebst Clara, meine andalusische, aber mittlerweile perfekt "eingedeutschte" Bomba, das Gelände stürmt und mit großen Augen "vin brulee" (-> Glühwein), "wurstel con crauti" (-> was wohl), "zuppa al gulasch" und Bauernbrot ordert. Die Verkäufer dieser Köstlichkeiten, die in unseren Augen zu Halbgöttern werden, sind in der Regel Urbayern oder Österreicher in bunt gestrickten, rustikalen Pullovern, die des Italienischen begrenzt oder garnicht mächtig sind. Einer der in Strick gepackten Halbgötter zaubert, als die Buden schon schließen und wir uns immernoch verzweifelt an den Glühwein klammern, eine Flasche Erdbeerlimes hervor und lädt uns und die anderen Verkäufer auf eine Runde ein, begleitet von den über den Platz gerufenen Worten : " Michl- fragole!!!" Clara, die mittlerweile schon glühweinrote Backen hat, wird vom edlen Spender in ein Gespräch über ihre beiderseitige Herkunft verwickelt ("Ah, Malaga, schee- io lago di Boden, ach nee, lago di Konstanz!") und die Kleine schlägt sich super mit ihrem Deutsch ("i miei piedi sono molto kalt!!!", "Judith, Lisa- Proscht!")
Als dann so gegen halb zehn definitiv keine Möglichkeit mehr besteht an Glühwein oder fragole zu kommen, auch nicht durch Bestechung, siedeln wir über in eine deutsche Kneipe wo wir den Abend zusammen mit einem Haufen Italiener, Spanier, Finnen, Polen etc.pp. über einem bzw. diversen Weizenbieren ausklingen lassen. Und den Michl mit den fragole haben wir kurzerhand mitgenommen, sehr zum Leidwesen des Liseles, dem er ein Ohr abgequatscht hat.
Jetzt hab ich also meinen Bedarf an Heimatkultur erstmal wieder gedeckt; trotzdem freu ich mich schon sehr, das alles schon bald am Originalschauplatz genießen zu können- Heimaturlaub in zwei Wochen! Aschebersch, mein Klein-Las-Vegas, ich komme!!!!
Noch umarme ich euch alle daheim noch virtuell, aber bald schon in echt! Bis bald meine Lieben! Eure Ju
PS: super Foto von mir uff'm störrischen Gaul im Old McDonald had a farm- Blogeintrag! Ich bin die in der Mitte, erkennt man leider nicht so gut. Oder zum Glück, wie man`s nimmt ;-)

Montag, 3. Dezember 2007

Viva la Serenissima!

Juhu, ein Wochenende in Venedig! Vor etwa einer Woche beschlossen Julia, Belinda und ich (das Lisele leider nicht, da von Freund und Basti heimgesucht), der Lagunenstadt einen Besuch abzustatten, Hotel gebucht, alles bestens, sattelt die Gondeln.
Einen Abend vorher, also am Donnerstag, sucht Belinda schon mal Zugverbindungen raus, schließlich kann man ja spontan entscheiden wann´s am besten passt, so gegen 10 Uhr soll`s losgehen. War der Gedanke dahinter. Praktisch kommt uns dann aber leider die berühmt-berüchtigte Trenitalia und ein wesentlicher Bestandteil der italienischen Kultur in den Weg: der Streik. Belinda und Julia stürmen schwer gestresst in Lisas Kommunenküche, wo wir unseren Ärger mit von Basti und Hannes importiertem Augustinerbier runterspülen und beschließen, am nächsten Tag nach Ende des Streiks loszufahren. Der endet um fünf. Warum genau am Freitag?! Warum gerade dann, wenn WIR nach Venedig wollen??? Egoistischerweise sind denen von der Trenitalia ihre Tarifverhandlungen wichtiger als unser Urlaub, uns so kommen wir um elf Uhr nachts statt, wie geplant, gegen Mittag in Mestre an. Das Hotel besticht aber sofort durch zartrosa Wände und den traumhaften Ausblick auf einen mestriner Hinterhof, wirklich nett; wir fühlen uns wohl und fallen in der pastelligen Atmosphäre sofort in einen tiefen Schlaf.
Der nächste Tag ist perfekt: es ist schneidend kalt, aber sonnig, und die Stadt begrüßt uns in geheimnisvollen Nebel gehüllt. Und das Beste: kaum Touristen! Venedig ist an einigen Stellen wie ausgestorben, nur wir, die engen Gässchen und Kanäle und ein paar Möwen! Wie in einem Traum! Aus diesem verwinkelt-verwunschenen Traum werden wir aber ziemlich abrupt geweckt als wir den Markusplatz betreten: Tauben. Tauben so weit das Auge reicht. Überall Tauben. Geflügelte Ratten. Ü-BER-ALL!! Und dann, wir trauen unseren Augen nicht: ein Taubenfutterverkäufer mittendrin! TAUBENFUTTER!!! Hat die Welt sowas schon gesehen?? Würde ein Bauer im Sommer die Schnecken füttern, die seinen Salat auffressen??? Also gehe ich mal auf den Mann zu und frage ihn, warum um alles in der Welt er die Tauben auchnoch füttert? Er schaut mich bitterböse an und antwortet mir in einem Tonfall, der verrät dass er mich, menschlich gesehen, auf einem Level mit Nerzträgern und Hamster-in-die-Mikrowelle-Steckern ansiedelt: "Weil die armen Tierchen Hunger haben!" Ja nee, klar; ich wage einen vorsichtigen Einwand: ob sich die Venezianer denn nicht immer beschweren, die Tauben machten ihre Stadt kaputt? "Ja, macht denn Marghera (Industrievorort von Venedig, Anm.d.Red.) die Stadt nicht kaputt?!" Bestechende Logik. Darauf brauchen wir einen Kaffee und Süßkram, der allerdings aufgrund der direkten Nähe zum taubenfreundlichen Markusplatz über 7 Euro kostet. Danach bummeln wir ein bißchen durch die weihnachtlich-heimelig beleuchteten Gässchen, kaufen ein paar Weihnachtsgeschenke und lassen uns von einem Muranoglasbläser zeigen, wie das mit dem Muranoglasblasen funktioniert. Faszinierend. Danach fahren wir mit dem Bus zurück zu unserem Pastell-Hotel und fragen den Rezeptionisten mit dem putzigen venezianischen Akzent (hört sich an wie Edward, unser amerikanischer Freund, wenn er italienisch spricht) nach dem Weg zu einem günstigen Restaurant. Der drückt uns in weiser Voraussicht einen Stadtplan in die Hand, trotzdem brauchen wir über eine halbe Stunde um das Lokal zu finden, obwohl es faktisch nur etwa 300 Meter vom Hotel entfernt ist. Na und??? Bloß keine Machosprüche à la "Frauen und Orientierung" jetzt- oder ist etwa einer der geschätzten männlichen Blogleser in der Lage, gleichzeitig zu telefonieren, fernzusehen und die Mitbewohnerin vom vollständigen Verzehr der eigenen Schokolade abzuhalten? Na also.
Gesättigt suchen wir danach unser Dreibettkämmerlein auf und freuen uns, dass wir nicht in Mestre wohnen müssen.
Am nächsten Tag fahren wir nochmal nach Venedig rein und bummeln durch die Stadt, u.a. durch das jüdische Viertel- sie ist wirklich wunderschön (die Stadt), still und- von den 5000000 Tauben mal abgesehen- fast ausgestorben.
Türkisfarbene Kanäle, leerstehende palazzi, Gässchen, durch die man nach drei Brioche garantiert nicht mehr durchpasst, und leergefegte Plätze, auf denen jemand Gitarre spielt- die Atmosphäre ist direkt poetisch, also falls jemand von euch nach dichterischer Inspiration sucht, fahrt da mal hin!
Und dann ist das Ende unseres Kurzurlaubs schon gekommen- schade! Heim geht`s ins kanal-und taubenfreie Siena!
Im Zug Richtung Bologna wird Belinda von einem venezianischen Zahnmedizinstudenten eine Frikadelle an die Backe gelabert (diesen schönen, plastischen Bavarismus habe ich übrigens von Julia übernommen ;-). Der Typ, ganz Kavalier, verpasst ihr gleich mal ne Ladung Zahnpasta, die er vorbildlicherweise offenbar immer mit sich führt. Venezianer scheinen mir etwas schrullig, aber macht nix, wer in einer so tollen Stadt lebt, der darf das.
Arrivederci presto, Serenissima!

Dienstag, 27. November 2007

Old McDonald had a farm....

Siena ist toll. Ich habe nur manchmal das- eindeutig beklemmende- Gefühl, dass die Stadt nur aus Mauern besteht. Und ich brauche einfach ab und zu Berge und Natur- ich glaube, ich hatte das schon mal erwähnt.
Da der Abruzzi Nationalpark über beides in ausreichendem Maße verfügt, kam mir am Wochenende die Idee, mal wieder auf dem Ökobauernhof vorbeizuschauen, auf dem ich letztes Jahr gearbeitet habe.
Dieser befindet sich 3 Auto- und 8 Trenitalia-Stunden von Siena entfernt in den Bergen an der Grenze von Latium und den Abruzzen, ein kleines Paradies, bestehend aus frischer Luft, Feldern und diversem Viehzeug.
Als ich ankam, befanden sich dort des weiteren 5 Gäste aus Kanada und 3 volunteers, eine aus England und zwei aus Amerika. Zur großen Freude meines Magens wollten die Kanadier gerade unter Beweis stellen dass sie der gehobenen Küche fähig sind- Gott sei Dank hatten sie vorher den Kochkurs bei Maria, der Dame des Hauses, gemacht, sodass das Ergebnis eindeutig positiv ausfiel: gefüllte Paprika und Alukartoffeln. Hmmm!
Danach sind wir erstmal losgezogen in die Berge- endlich! Ich bin ein Berggipfel-Junkie, nichts verleiht mir ein vergleichbares Hochgefühl, außer vielleicht selbstgemachte Pasta!
Den Abend habe ich gemütlich im Wohnzimmer vor dem Kamin verbracht, pseudoeifrig mit Unibuch auf dem Schoß, tatsächlich aber eher mit dem Rösten von Maroni im Feuer beschäftigt. Mit Amerikanerinnen im Rücken kann man eh nicht gescheit lernen, weil die immer jede Aktion ihrer Außenwelt lautstark und mit vor Begeisterung überkieksender Stimme kommentieren: "Oh dear, the chestnuts look WONDERFUL!", "What a LOVELY apron, Maria!", "The dinner was simply DELICIOUS!!!!" - ich hatte schon Angst dass sie vor lauter Superlativen eine TERRIBLE heart attack erleiden! Aber goldig waren sie trotzdem, wirklich.
Deshalb hab ich mich auch echt gefreut dass sie mitgekommen sind zum nächsten Ausflug, besser gesagt, zu einem MOST EXCITING adventure: ein Ausritt! Ich uff`m Gaul, das gab`s noch nie! Sobald Hannah mir die Fotos geschickt hat stell ich sie hier rein! Also auf alle Fälle sind wir, das sind Hannah (die Engländerin), Vanessa und Sophia (die Amerikanerinnen), ein Mädel vom Pferdehof und ich frühmorgens losgeritten. Hat auch erstmal erstaunlich gut geklappt- bis wir an einen Fluss kamen. Die anderen Pferde sind da auch ohne zu meckern zielstrebig durchmarschiert, nur meins nicht. Blieb entspannt am Ufer stehen und hat erstmal angefangen zu fressen.
Ich: "Ähem.... könntest du wohl bitte weitergehen?"
Pferd: frisst.
Ich: "Do you speak English?"
Pferd: keine Reaktion.
Ich: "Forza, muoviti!!!"
Pferd: frisst weiter.
An diesem Punkt weist mich das Mädchen vom Reiterhof, das sich am jenseitigen Ufer schlapplacht, freundlicherweise darauf hin dass ich dem Tier sachte, aber bestimmt die Füße gegen die Seite hauen soll damit es sich bewegt. Danke auch, hätte sie ja mal was früher sagen können!
Nur, dass das Pferd das wohl irgendwie als allgemeine Aufforderung zum Austicken aufgefasst hat, denn auf einmal erwacht es aus seiner Ufermeditation, prescht durchs Wasser und hat es von diesem Zeitpunkt ab plötzlich insgesamt sehr eilig. Aber mithilfe von sanftem Rupfen am Zügel und gutem Zureden meinerseits (wir, das Pferd und ich, haben uns auf Italienisch geeinigt) kriegt es sich wieder ein und trottet brav mit mir auf (!) dem Rücken wieder zurück. Ich bin begeistert vom Ausritt- what an AMAZING experience!
Nach einem abschließenden Bergausflug heißt es Abschied nehmen von unserer kleinen Farm- ich habe Muskelkater, fühle mich aber ausgeglichen und luschtig wie ein Schneekönig und bin bereit für die Rückkehr in mein senesisches Mauerlabyrinth. Akku wieder geladen.
Den geladenen Akku habe ich dann aber gestern Abend schon wieder teilweise entladen, und zwar beim (geglückten) Versuch, gegen die Wochenanfangsdepression in einer Salsabar anzutanzen. Clara und José, seines Zeichens begnadeter Salsatänzer, waren mit von der Partie, aber die mussten ja auch nicht heute Morgen um halb acht raus weil sie Uni hatten... ich hingegen schon, und so fand ich mich um neun vor einer verschlossenen Tür wieder, an der ein Zettel hing der uns davon in Kenntnis setzte dass der Kurs erst um zehn anfängt. Da kommt Freude auf im verpennten Studentenhirn! Und das beste kommt erst noch: der Grund hierfür war nicht etwa ein guter, wie etwa: Dozent muss Vortrag halten, oder auch: Dozent muss dringend eine Sprechstunde zwischenschalten, NEIN, der Grund war einfach nur, wie uns der Dozent dann mitteilte, dass er es nicht schafft so früh aufzustehen!!!! Ach was, na da kenn ich noch jemanden!!!! Manchmal ist Italien echt witzig....
ich geh jetzt mal lernen. Hab am Donnerstag wieder eine Prüfung. Hm, vielleicht leg ich mich auch erst noch mal kurz hin... nur ein halbes Stündchen.... ;-)
es umarmt euch eure verpennte Judith

Mittwoch, 21. November 2007

Jenseits der Stille

Jaaa, ich weiss, die böse, böse Judith hat sich mehr als vier Tage nicht gemeldet um Rechenschaft über ihr buntes Treiben abzugeben, Asche auf mein Haupt!
Aber ich habe etwas zu meiner Verteidigung vorzubringen, und zwar: Perugia war schuld. (An allem was in meinem Leben fortan schief läuft wird notwendigerweise Perugia die Schuld tragen ;-). Nein im Ernst, bei unserem Kamikaze-Trip im Regen letzten Mittwoch habe ich mich erkältet und deshalb die letzten Tage mehr oder weniger schachmatt im Bett verbracht- ich im Stand-by-Modus, das gibt's nicht oft ;-)! Und eine leichte Erkältung kann sich durchaus hinziehen, wenn man a) undichte Fenster und b) geräuschkulissenmässig wenig dezente Mitbewohnerinnen hat. Man könnte meinen sie jetzt, in der Prüfungsphase, etwas ruhiger und in Bücher vertieft vorzufinden, aber nein, unter 120 Dezibel geht bei uns einfach nichts, nicht mal Lernen. Die Geheimnisse der Antropologie der indoeuropäischen Völker erschliessen sich Natalia nur unter konstanter U2-Beschallung und/oder (meistens und) Hintergrunduntermalung mittels "Tempesta d'amore" (ja, richtig, "Sturm der Liebe" auf Canale 5) und "Uomini e donne" (Kuppelshow mit dem intellektuellen Anspruch einer Bildzeitung, wenn überhaupt).
Ich versuche, mich zu entspannen. Eine Tasse Tee, Südostasien-Flötenmusik-CD von Giacomo rein. Hilft nix, Bono ist lauter.
Juli telefoniert, Laura von Fürstenhoff schmeisst sich lautstark in die Arme des Hotelerben Florian, der sich aber momentan beziehungsunfähig fühlt wegen der Grosscousine mütterlicherseits, die sein Herz gebrochen hat (flenn..), die Waschmaschine läuft, die Mikrowelle piept, ich fahre aus der Haut. Aber ganz leise und dezent, ich bin ja Deutsche. Wie weit jenseits der Stille kann man eigentlich sein?!? Die Einzige in diesem Haus, die nicht nonstop Geräusche produzieren muss, ist Shima, Perle des Orients, die immer nur friedlich lächelnd wie ein kleiner Buddha in der Küche anzutreffen ist. Ich liebe Japaner.
Trotz der manchmal etwas widrigen Umstände a casa nostra gibt der Kontrollteufel in meinem lärmgeschädigten Hirn keine Ruhe bzgl. der bevorstehenden Prüfung in amerikanischer Literatur- er zwingt mich, meine Bücher in die Hand zu nehmen, sie bunt anzumarkern, mit Post-its zu versehen und Randnotizen zu machen. Ich kann nichts dagegen tun, er ist stärker als ich.
Gestern früh dann bewege ich mich, noch etwas matschig in der Birne aber ansonsten wieder wohlauf, Richtung Nervenheilanstalt San Niccoló, um die Prüfung hinter mich zu bringen. War nicht so wild, und Signora Balestra liess uns sogar die angemarkerte, mit Post-its zugepappte Primärliteratur verwenden. habe ich eigentlich schon mal von Signora Balestra erzählt? Ich verehre sie. Wäre ich männlich und um die sechzig, ich könnte ihr nicht widerstehen. Die Kerle in unserem Kurs geben sich ihr gegenüber betont unbeeindruckt, aber ich bin überzeugt davon dass die nachts so Mrs-Robinson-mässig von ihr träumen. Che donna!
Bevor ich nach der Prüfung nach Hause gegangen bin (nach Auffüllung der Energiereserven mithilfe von cornetti alla crema und Mensa-pasta) habe ich übrigens noch eine feine Anschaffung im 99-Cent-Laden meines Vertrauens getätigt: Ohrenstöpsel ;-)! Also falls mich in nächster Zeit jemand anrufen will: lang durchklingeln lassen, es könnte sein, dass ich gerade mit gelben Pfropfen im Ohr die Stille geniesse ;-)!
Also dann, bis bald und in Liebe- eure Judith
PS: habt ihr was bemerkt?! dieser Blogeintrag beinhaltet Umlaute!!!! Das liegt daran dass ich gerade bei Clara, la piccola bomba spagnola, sitze, Tee trinke und mich freue dass ihr Laptop der Umlaute fähig und ihre Wohnung so ruhig ist.

Donnerstag, 15. November 2007

Wat?!? Was wollt IHR denn???

Ich habe gestern etwas gelernt. Zwar mal wieder nix fuer die Uni (Pruefungen naechste Woche, aber was soll's, Zeit ist relativ und ich weiss eh dass ich nichts weiss), dafuer aber was fuer's Leben.
Man sollte auf seine innere Stimme hoeren.
Und die meine schrie gestern morgen, als um halb 7 der Wecker klingelte weil Lisa, Julia und ich einen Ausflug nach Perugia machen wollten, entsetzt auf : "Bist du des Wahnsinns?! Es regnet, du bist gestern erst um halb 2 vom Spanier-Haus-Gelage heimgekommen und ueberhaupt! Bleib im Bett und halt den Rand!" Aber ich hab sie abgewuergt, bloederweise. Bin unter unsere vor sich hin troepfelnde Dusche geschwankt, hab meine super wasserdichten Goretex-Anti-Rutsch-Anti-nasse Fuesse-Anti-Erkaeltungs-Winterstiefel angezogen und bin mit den Maedels losgezogen. Da ging der Mist ja schon los: anstatt dass der Kaschper im Reisebuero, in dem ich am Tag zuvor die Tickets gekauft habe, mich mal freundlich darauf hinweist dass da ein Bus in 1 1/2 Stunden direkt nach Perugia faehrt, verkauft er mir lieber Tickets fuer eine Odyssee durch halb Mittelitalien mit drei Mal umsteigen, 3 1/2 Stunden insgesamt. Grande. Da kommt Freude auf.
Schon als wir in Perugia sind merke ich, dass meine 1a-Winterstiefel anscheinend alles abhalten ausser Naesse und Kaelte. 3*-Tiefkuehl-Fuesse.
Was soll's, wir stapfen los- Perugia ist unter anderen Umstaenden sicherlich schoen, aber in diesem Moment kann ich die Stadt aus drei Gruenden nicht richtig geniessen:
1) Es regnet.
2) daraus folgt: ich bin patschnass
3) letzte Woche wurde hier eine Erasmus-Studentin von ihren Mitbewohnern gekoepft.
Dies alles traegt dazu bei, dass die Atmosphaere zwar feucht, aber nicht froehlich ist. Der Dom ist uebrigens geschlossen, ebenso wie die Mehrheit der Pizzerien. In einer der wenigen geoeffneten druecken wir uns dann erstmal eine Pizza rein, munter vor uns hin kondensierend. Und wir entschliessen, den naechsten Zug zurueck zu nehmen. Die Zeit bis dahin vertreiben wir uns lesenderweise in einer Buchhandlung (dazu muss man auch zwingend nach Perugia fahren, gell) und kaufen dann Tickets fuer den Bus zurueck zum Bahnhof. Ich betone: WIR KAUFEN TICKETS FUER DEN BUS!!! Und Julia stempelt sie auch ab. Was nicht abstempelt, ist dieser verdammte Aparillo. Das bemerken aber leider nicht wir, sondern die Kontrolleure, die am Bahnhof zusteigen. Und die erweisen sich als wenig flexibel im Umgang mit technik-inkompatiblen deutschen Erasmusstudentinnen ("Also ihr seid doch erwachsen, ihr habt doch solche Apparate auch in Siena, ihr seid doch laureati!") Das Ende vom Lied ist, dass sie uns zum Bankautomaten eskortieren, wo wir ihnen 90 Euro geben, mit denen sie sich dann wohl nen schoenen Nachmittag gemacht haben. 90 Euro! In Worten: NEUNZIG!!! Das sind:
- 90 Kaffee in der Bar
- 45 mal Essen in der Mensa
- ein Paar wasserdichte (!) Stiefel
- 10 Buecher fuer die Uni (nicht dass ich sie lesen wuerde, aber immer noch besser als das Geld dem italienischen Beamtenapparat in den gierigen Rachen zu schmeissen)
Verdammt. Meine innere Stimme lacht mich aus. Lauthals.
Aber die Maedels und ich beschliessen nach mehreren ungehaltenen Fluchtiraden, es mit (Galgen)humor zu nehmen.
Abends krieche ich erschlagen und mit zu Eiszapfen erstarrten Fuessen und Haenden unter die Decke und habe sogar zwei Dinge gelernt:
1) Hoer gefaelligst auf deine innere Stimme
2) Nie wieder Perugia!
Es winkt euch liebevoll
das eiskalte Haendchen

Sonntag, 11. November 2007

I hate Sundays...

Halli hallo an alle Blogleser, ich bin's schon wieder, und zwar um von gestern abend zu erzaehlen! Eigentlich war ich vom Exzess des vorherigen Abends noch so gezeichnet dass ich daheim bleiben wollte, aber das Gorny hat mich ueberredet, mit zum samstaeglichen Konzert im Corte dei miracoli zu kommen. also haben wir uns um zehn auf den Weg gemacht, Natalia, Shima, Lisa, Clara und ich. Dort haben wir dann noch die Chaos-WG getroffen, sodass wir doch ein recht grosser Haufen Leuts waren. Kurz ein paar Worte zur Erklaerung: der/die/das Corte dei miracoli (weiss echt nicht welchen Artikel das Ding im Deutschen hat, sorry) ist so ein Alternativ-AKW-Schuppen neben unserer Nervenheilanstalt, wo man sich unter der Woche voellig unkonventionell, unkommerziell und umweltvertraeglich mit so feinen Sachen wie Tantra-Yoga, Bauchtanz und Tai-Chi beschaeftigen kann und jeden Samstag zu Konzerte von -wer haette das gedacht- unkommerziellen italienischen Newcomer-Underground-was weiss ich was fuer- Bands gehen kann. Die Gruppe diesmal nannte sich Appaloosa (oder so aehnlich; ist bestimmt eine Abkuerzung, die fuer linke Tendenzen und Umweltschutz steht) und der Musikstil laesst sich am ehesten beschreiben mit "psychedelisch-experimenteller Hardcore Punkie mit Funk-und Elektro-Elementen", zu deutsch: Krach. Aus unerfindlichen Gruenden sind aber Natalia, Shima und Clara, die kleine spanische Energie-Bombe, dermassen auf diese akustische Umweltverschmutzung abgegangen dass es letztenendes doch sehr lustig war.
Und heute Morgen dann das absolute Kontra-Programm: Natalia und ich, noch wenige stunden zuvor entfesselt auf der Tanzflaeche anzutreffen, gehen in den Gottesdienst. Fuer Leute, die mich besser kennen, mag dies befremdlich wirken, aber ich bin ja hier um die italienische Kultur kennenzulernen, und was ist davon ein groesserer Bestandteil als der Katholizismus?!
Ich habe festgestellt, dass der Gottesdienst hier genauso ist wie bei uns, nur dass es extra Fuerbitten fuer den italienischen Staat gibt, auf dass er nie seine katholischen Wurzeln verleugne. Fand ich witzig.
So, soviel also zum gestrigen Abend und heutigen Morgen; ich geh jetzt putzen. Ich hasse Sonntage. Da ist immer alles langweilig und nix ist los und das Essen in der Mensa schmeckt als waer es noch von der vorherigen Woche uebrig. Ist euch das auch schonmal aufgefallen?
Das naechste Mal stell ich uebrigens mal wieder ein paar (mittlerweile total veraltete) Fotos in den Blog, hab nur grad keine Lust mich mit dem Computer ernsthaft diesbezueglich auseinanderzusetzen. Und ausserdem ist Sonntag.
Es umarmt euch
Eure Judith

Donnerstag, 1. November 2007

Cross-cultural impressions II

So, bin endlich mal wieder zu meinem Internet-Inder gekommen um euch auf den neuesten Stand zu bringen!
Als ich am Schluss meines letzten Blogeintrags bemerkt habe ich wuerde jetzt endlich schlafen gehen, befand ich mich am Bahnhof von Florenz und habe mich kurz darauf in ein irre komfortables Nachtwagenabteil der Trenitalia zurueckgezogen.
Denn als die vorbildliche Freundin (die ich ja meistens tatsaechlich bin) habe ich natuerlich keine Kosten und unbequeme Sitzplaetze gescheut und bin zum Geburtstag meiner besseren Haelfte (die er ja meistens tatsaechlich ist) nach Wien gefahren. Kinder, ich sage euch: wenn man nach 14 Stunden Nachtwagen-Erfahrung endlich ankommt fuehlt sich der Ruecken an als haette er die Form des Sitzes angenommen!
Aber der unglaeubige Blick meiner (verkaterten) besseren Haelfte beim Anblick meiner ploetzlich im Zimmer stehenden Wenigkeit hat mich dafuer entschaedigt!
Den Tag haben wir dann leicht uebernaechtigt mit den Feierlichkeiten anlaesslich des oesterreichischen Nationalfeiertags verbracht (was genau da gefeiert wird konnte mir noch nicht zufriedenstellend beantwortet werden- Abzug des letzten Oesi-Soldaten nach dem Krieg? Abschluss eines Friedensvertrags? Erfindung der Sachertorte?)
Am naechsten Tag fand dann die grosse Geburtstagsfeier in den Saelen von Philipps, Heinrichs und Anyas Wohnung statt, und ich kann nur eins sagen: so tolerante Nachbarn mag ich auch mal haben, wenn ich gross bin! Die haben erst um halb 5 die Polizei gerufen, und das, obwohl sich in der Wohnung ueber 100 Personen und meterhohe Boxen samt Verstaerker befanden! Wiener haben Nerven wie Stahlseile!
Der naechste Morgen war verstrahlt. Unglaublich verstrahlt. Wir sassen alle voellig benebelt in der immernoch verqualmten Kueche rum, Anna (Philipps aus Athen eingeflogene Schwester) hat ihren Teebeutel mit Kaffee aufgegossen und Heinrich hat Stuss geredet. Aber da war er auch nicht der einzige, muss ich zu seiner Verteidigung sagen ;-)!
Da ist es doch leicht vorstellbar dass ich abends auf nichts mehr Lust hatte als mich wieder in so ein abgefahrenes Nachtzugabteil zu setzen!!! Nur Weicheier brauchen Schlaf!!!
Urspruenglich hatte ich ja vor, direkt vom Bahnhof aus in mein neun-Uhr-Seminar zu gehen (ich gehoere ja schliesslich zu den ganz Harten ;-), aber dann war die Trenitalia doch mal zu was gut und hatte ueber eine Stunde Verspaetung, weshalb ich leider, leider die Veranstaltung verpasst habe- schade aber auch! Ich war nur durch ein Fruehstueck mit den Maedels, Kaffee und importierten Brezeln zu troesten!
Und wer jetzt denkt, dass ich abends friedlich schlummernd in die Federn gefallen bin, der irrt: noch am gleichen Abend haben mich meine Mama, meine beste Schwester von allen, meine Tante und mein Cousinchen durch ihre Anwesenheit beehrt! Die vier Ladies haben mir bis heute morgen einen Kurzbesuch abgestattet, und Valerie, das Cousinchen, hat zum ersten Mal das Meer gesehen ("Oh Mama, guck mal, eine MUSCHEL!!!" "Mama, NOCH eine!!!!" "Mama, da sind STEINE!!!!!!" -> ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie leicht Kinder zu beeindrucken sind; oder vielleicht sollte ich besser sagen, wie schwer wir Erwachsene uns noch von irgendwas begeistern lassen!)
So, ich glaube, ich werd mich jetzt erstmal zu einem kurzen Mittagsschlaefchen hinlegen bevor es heut abend weitergeht. Falls ich in diesem Eintrag irgendwie komisches Zeug geschrieben habe, seht es mir nach und fuehrt es getrost auf ein nicht zu knappes Schlafdefizit zurueck.
Das naechste Mal melde ich mich wieder in zusammenhaengenden Saetzen, versprochen ;-)! Verpennte Umarmung von eurer Judith

Donnerstag, 25. Oktober 2007

Crosscultural Impressions I

Mensch mensch, jetzt hab ich ja schon verhaeltnismaessig lang nicht mehr geschrieben, wo soll ich denn anfangen?
Ach ja, vorgestern abend. Da haben Belinda und Lisa die pfanntastischsten Pfannkuchen gebastelt die ich je gegessen hab (und ich habe bekanntermassen mal in einem Pfannkuchenrestaurant gedient!) Die Riesenmengen an Pfannkuchen haben wir Maedels mit Rotwein runtergespuelt; der wurde irgendwie mit jedem Glas besser, und wir auch ;-)! Dass der Morgen danach nicht zu den besten gehoert, ist klar. Aber diesen besagten Abend hat Lisa schon so nett in ihrem Blog beschrieben dass ich das eigentlich garnicht mehr zu erzaehlen brauche; wenn ihr zwingend wissen wollt, wie vier angesaeuselte Maedels an einem Dienstagabend drauf sind, schaut mal auf ihre Seite!
Naja, und trotz des boesen Erwachens am Mittwoch Morgen war ich gestern abend schon wieder auf Achse; nicht etwa weil ich den hals nicht voll kriege, sondern um Natalia und Juli davon abzuhalten dass sie sich mit Wattebaellchen oder schlimmerem beschmeissen. Das war naemlich so: bei uns zuhause herrscht grad ein kleines bissl dicke Luft, was weniger an der Schwere von Julis Vergehen liegt(sie war schon ohne Natalia auf eine Party losgegangen, woraufhin Natalia den Abend wutentbrannt daheim verbracht hat. so habe ich sie, wutschnaubend, am Wohnzimmertisch angetroffen als ich von meinem weinseligen Maedelsabend heimkam), sondern eher am suedlaendisch-streitlustigen Temperament meiner Mitbewohnerinnen. Ich weiss nicht, ich bin ja jetzt echt kein konstant friedlich laechelnder Buddha, der nie mal austickt; aber warum wegen solchen Kavaliersdelikten jetzt tagelang der Haussegen schiefhaengt, da bin ich als gemaessigte Mitteleuropaerin noch nicht dahintergestiegen.
Auf jeden Fall litt Natalia dann aus oben erwaehnten Gruenden gestern an einem Partydefizit von mindestens 4 Stunden, weswegen die Einladung der Spanier zum kollektiven Vorgluehen mit anschliessendem Barone-Rosso-Besuch gerade recht kam. So sind wir dann gegen zwoelf in voller Kriegsbemalung losgestiefelt Richtung San Pietro; da befindet sich naemlich ein bis an die Decke mit Spaniern vollgestopfter Wohnblock. Spanier haben, wie ich festgestellt habe, die (zum Kennenlernen sehr praktische) Eigenart, anscheinend ueber ein Herz in Groesse extra-large zu verfuegen, in dem man meistens schon nach dem ersten Treffen zumindest einen Stehplatz bekommt. Und eine Stehplatzkarte reicht immerhin schon aus, um zum Abendessen und zum gemeinsamen Ungarn-Urlaub eingeladen zu werden! Wie lange dieser Anfangs-Enthusiasmus in der Regel andauert kann ich leider noch nicht sagen, aber ich werde euch auf dem laufenden halten ;-)! Auf alle Faelle haben Natalia und ich uns in null komma nix inmitten eines grossen, laermenden Haufens Spanier wiedergefunden, die alle ganz begeistert waren, "mal richtig italienisch" sprechen zu koennen (was sich sonst als schwierig erweist, weil sie immer in einem Rudel von ca. 50 rein spanischen Muttersprachlern unterwegs sind). Zu fortgeschrittener Stunde habe ich dann Natalia selig laechelnd umringt von gutaussehenden Spaniern angetroffen, die alle sehr daran interessiert waren, sie als Tandem-Partnerin zum sprachlichen (???) Austausch zu gewinnen.
Alles in allem ein sehr lustiger, multikultureller Abend. Und wie's ausschaut haben sich sogar die zwei Streithaehne wieder vertragen; zumindest haben sie heute wieder in normaler Lautstaerke kommuniziert.
und ich geh jetzt endlich mal schlafen ;-)! muchos besos e alla prossima! eure Judith

Sonntag, 21. Oktober 2007

Eiskristalle und Badekappen

Es ist kalt geworden in Siena. Nein, nicht kalt: ARSCHkalt! Besonders erfrischend sind die Naechte in meinem Palastzimmer, da dieses noch ueber hohe, wildromantische Fenster Marke Anno dazumal verfuegt, die nur in der Mitte durch einen kleinen beweglichen Hebel zusammengehalten werden. Dieser ermoeglicht den Fenstern aber immernoch volle Bewegungsfreiheit im Radius von etwa 10 Zentimetern, was sie bei der leichtesten Brise auch voll ausnutzen. So kommt es, dass nachts immer ein frisches Lueftchen, gegebenenfalls angereichert durch Regen, mein Gesicht streichelt. Tolle Sache, das.
Auch die warme Dusche am Morgen erweist sich als wenig effizient, da das Wasser aus dem Duschkopf in etwa mit der gleichen Intensitaet herausschiesst wie aus einem tropfenden Wasserhahn.
Dies ist einer der Gruende, warum ich gestern beschlossen habe, ins staedtische Hallenbad zu gehen: mal ordentlich warm duschen! Ich habe uebrigens herausgefunden, dass man, so man bereit ist 4,60 Euro Eintritt zu zahlen, auch ohne aerztliches Attest in den Genuss der Hallenbadbenutzung kommen kann. Man besticht also praktisch die Dame an der Kasse durch ueberhoehte Eintrittspreise, damit sie ob des etwaigen Fusspilzes/Herzinfarktrisikos mal ein Auge zudrueckt. Dafuer hat man aber mit anderen Restriktionen zu rechnen: einmal die Tatsache, dass Duschen und Foehnen extra kostet, und dann, der absolute Knueller: Badehaubenpflicht! Dies haengt, wie Juli mir zu erklaeren nicht muede wird, mit der enormen Liebe der Italiener zur Hygiene zusammen. Als ich das Etablissement betrete ist mein erster Gedanke jedoch, dass ein paar herumliegende Haupthaare eventuell das kleinere Uebel waeren: das Schwimmbad sieht aus als waere es noch zu Zeiten Turnvater Jahns erbaut worden und seitdem auch nichtmehr in allzu ueberschwaenglichen Kontakt mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln gekommen. Aber als ich den Beckenbereich betrete, werde ich sofort fuer den Haubenzwang entschaedigt: gestandene Mannsbilder, die sich im echten Leben wahrscheinlich irre viel auf ihren Waschbrettbauch einbilden, in entzueckenden, bunt gemusterten Badekappen! Selten so gelacht!
Und fuer 80 Cent bin ich nach dem schwimmen sogar in den Genuss einer einwandfrei funktionierenden, warmen Dusche gekommen, und das fuer ganze drei Minuten! das war's doch wert!
so, ich ziehe mich jetzt mal wieder in meinen Eispalast zurueck; falls jemand spontan Lust bekommen hat, mir Waermflaschen, Decken und/oder selbstgestrickte Socken zu schicken: tut euch bitte keinen Zwang an!
es umarmt euch eure Eisprinzessin

Donnerstag, 18. Oktober 2007

2:0

Mittwoch Abend, 20 Uhr, wir sind im Stadion. Putzig irgendwie, so klein! Hinter uns eine Gruppe durchgeknallter Napoletaner mit einem Transparent, dessen Sinn sich mir nicht spontan und auch nicht nach zwei Stunden erschlossen hat ("Napoli ritorna in Italia- grazie Paolo"- "Neapel kehrt nach Italien zurueck", ja wo war's denn vorher?!)
Spannung steigt, es geht los.

Erste Halbzeit
minute o: die popelige Blaskapelle verlaesst das Spielfeld.
minute 5: langweilig
minute 10: immer noch langweilig
minute 30: laaaaaaaaaaaaaangweilig!!!
minute 45: endlich Halbzeitpause, wo gibt's hier was zu essen?

Zweite Halbzeit
Die Konzentration laesst stetig nach, wir beginnen, gedanklich abzuschweifen.
Belinda: "ich muss mal Pipi!"
ich: "sagt mal, findet ihr's eigentlich doof wenn eine Frau nen Heiratsantrag macht?"
Belinda: "DRINGEND!!"
Julia: "nee, meine Mama hat damals meinem Papa einen Antrag gemacht!"
ich: "UND, was hat er gesagt?!?"
ein Maedel in der Reihe hinter uns: "also ich find die Afrikaner irgendwie... schoener!"
- das Oestrogen beginnt, ueber die Reihen zu schwappen -
ich: "oh, guckt mal, da hinten auf der Bande ist Nutella-Werbung!"
Julia: "hmmm, ich hab grad voll Bock auf Nutella...."
- schwapp, schwapp -
minute 10: laaaangweilig....
minute 15: Cannavaro gruesst seinen Bruder via Bildschirm (oder umgekehrt)
minute 35: die Squadra Azzurra laesst sich geschlossen fallen
minute 41: hm, ich koennte mal ne SMS schreiben...
minute 42: tor?! was? wo?
Nachspielzeit: schon wieder???

naja. so haben die Weltmeister es also doch mal wieder in letzter Minute geschafft, zwei Tore zu erzielen.
Die Afrikaner waren trotzdem schoener, und ich geh jetzt ein Glas Nutella kaufen.
es umarmt euch
eure Teilzeit-tifosa

Dienstag, 16. Oktober 2007

Vere e proprie tifose ;-)

Wenn Maenner sich ein Fussballspiel ansehen, ist alles schon lange vorher organisiert. Sie wissen schon Wochen, wenn nicht gar Monate im Voraus wann ein Spiel stattfindet und natuerlich auch zwischen welchen Mannschaften, die passende Fan-Kluft haben sie schon zu Hause und das einzige, was sie noch regeln muessen, ist, wie man das Bier ins Stadion schmuggelt.
Bei uns Maedels geht das ganze anders vor sich. Zur Illustration sei hier das folgende Gespraech wiedergegeben, so wie es mehr oder weniger gestern abend bei mir zu Hause stattfand.
Ich: "Carlos und Inma koennen Mittwoch nicht zum Essen kommen, weil sie auf irgend so nem Fussballspiel sind."
Juli: "Ach ja, genau, da wollte ich ja eigentlich auch hin..."
Julia: "Wer spielt denn eigentlich?"
Juli: "Italien gegen Suedafrika."
Lisa: "Echt?! die Nationalmannschaften?!?"
Juli: "ma che ne so..." (was weiss denn ich...)
Lisa: "quatsch, das sind wahrscheinlich nur die Jugendmannschaften!"
ich: "nee, ich glaub das ist ein Qualifikationsspiel fuer die EM!"
Lisa: "gegen Suedafrika?????"
Juli: "naja also wer will mit? Judith, kommst du morgen frueh mit Karten kaufen?"
ich: "warum eigentlich nicht?"
Julia: "hey cool, wir gehen zu einem Fussballspiel in Italien!"
ich: "Oh Gott, was zieht man denn da an???"

So kamen wir also zu Karten fuer ein Fussballspiel morgen abend (ist uebrigens ein Freundschaftsspiel ;-) wie die Jungfrau zum Kind. Wird sicher witzig. Ich erzaehl dann uebermorgen ob wir das Stadion und das passende Outfit gefunden haben.
Forza, tifose!!!

Montag, 15. Oktober 2007

O sole mio...

Heute Morgen habe ich Natalia geschockt, und zwar indem ich Obst gefruehstueckt habe. Ich muss dazu sagen: eigentlich gehen wir montags immer in die Bar an der Ecke fruehstuecken, und zwar aus zwei Gruenden: einmal wegen dem unglaublich leckeren Cappuccino und ausserdem wegen Marco, der ihn zubereitet. Also kam die Gute heute morgen in die Kueche gestuermt und findet mich grapefruit- und bananeessend vor. Entsetzter Blick auf das Horror-Szenarium: "Judith- per l'amor di dio- was MACHST du da?!" Nun ist es ja nicht so, dass Italiener kein frisches Obst essen, oh nein- nur WENN sie es tun, dann ausschliesslich in gezuckerter und/oder mit Schokolade ueberzogener Form. Ungezuckertes Obst essen Diabetiker und Deutsche- und vielleicht die Mitbewohner von Lisas Komune ;-)!
Ich muss sagen, so ein kleines bisschen geht mir die deutsche Fruehstueckskultur schon ab; aber naja, man muss auch loslassen koennen.
Nach so einem gesunden, wenn auch argwoehnisch beaeugten Start in den Tag konnte dieser ja nur toll werden: die Sonne hat mal wieder non-stop geschienen und somit hatte ich viel Zeit, im Mensagarten zu lesen und mit Carlos und einem ausgeliehenen Hund spazieren zu gehen (hab ich Carlos schon mal erwaehnt? so ein kleiner Spanier, der uebelst auf alles abgeht, was vier Beine hat und bellt). Hm, wenn ich mir meine Blogeintraege so durchlese beschleicht mich langsam das Gefuehl dass mein Erasmusjahr fuer Aussenstehende den Eindruck eines Aufenthalts in der Reha-Klinik macht: lesen, spazieren gehen, aufs Land fahren, Natur geniessen... ich bin echt alt geworden.
Was soll's, ich geh jetzt mit Lisa und Julia "Kebab for Breakfast" schauen, das ist die italienische Version von "Tuerkisch fuer Anfaenger" (die stehen hier total auf schlecht synchronisierte deutsche Vorabendserien, zum Wegschmeissen, echt!)
Bis bald und die liebsten Gruesse aus dem Kurort Siena- eure Judith
PS: weil ja gleich Kebab for Breakfast anfaengt hab ich heut leider keine Zeit neue Fotos reinzustellen, mach ich morgen oder so, versprochen!

Samstag, 13. Oktober 2007

Stadtflucht







So, jetzt bin ich grad mal einen knappen Monat da und schon hab ich das dringende Beduerfnis, mal aus der Stadt rauszukommen! Nachdem wir ja hier gerade das schoenste fruehherbstliche Wetter haben, hat Claudia sich bereiterklaert, mit uns aufs Land zu fahren, und zwar in das Kaff, in dem sie frueher mal gewohnt hat. Also sind wir fuenf Frischluftfanatiker- Claudia, Lisa, Belinda, Carlos und ich- in einem der allseits bekannten und beliebten Ueberlandbusse losgetuckert- toll war's, so richtig Klischee: kaum waren wir aus der Stadt draussen, kreuzt auf einmal Viehzeug in allen erdenklichen Variationen unseren Weg: Schweine, Esel, Gaense, Pferde, Hunde und zu guter Letzt haben wir auchnoch einen (etwas angegammelten) Australier auf Europa-Rucksack-Tour aufgegabelt, der in Gesellschaft von diversen Buechern und Alkoholika in einem Uralt-Vehikel unterwegs war und sich allen Ernstes gewundert hat, dass Mitte Oktober kein Campingplatz mehr offen hat. Ausserdem ist er mit der (ernst gemeinten!) Frage rausgerueckt ob es denn im Winter in Litauen wohl kalt wuerde? da gedenkt er naemlich den November zu verbringen, hat aber leider nur einen einzigen warmen Pulli dabei und keine Jacke. Freut sich aber sehr, mal Schnee zu sehen- tolle Sache, aber vielleicht haette ihm jemand sagen sollen, dass Schnee aus gefrorenem Wasser besteht, und Wasser nur friert, wenn es kalt ist, kaelter als in Australien, zumindest! Na gut, wir mussten ihn dann leider seinem Schicksal ueberlassen; aber falls euch irgendwo in Europa mal ein halb erfrorener Australier ueber den Weg laeuft der einen Campingplatz sucht, gruesst ihn mal!


den Abend haben wir dann in einem sehr schnuckeligen Tea Room verbracht, in dem man den Tee aus so grossen Oma-Gedaechtnis-Kannen serviert bekommt, wirklich nett; und auch David und Lucia waren dabei, ein schwedisch-italienisches Paerchen dass sich zu meiner allergroessten Verwunderung vor zwei Jahren in der Disco Essenza kennengelernt hat- in eben jener alptraumhafte Zappelbude, von der ich vor geraumer Zeit mal berichtet hatte. Ich glaube ich haette da drinnen zu jedem mir unbekannten Menschen mindestens zwei Meter Sicherheitsabstand gehalten und somit sicher niemanden kennengelernt, vor allem nicht die Liebe fuers Leben; aber offensichtlich funktioniert's!
Den Tag heute haben wir bei einem schoenen Fruehstueck im Key Largo zugebracht (tolles Cafe mit Blick vom Balkon auf die Piazza); danach habe ich mich zum Lesen ins Gruene verzogen (gleich ausserhalb der Porta Pispini gibt es ein sehr schoenes Fleckchen Erde, nur Wiesen, Baeume, bissl Viehzeug und die Herbstsonne, zum ins-Schwaermen-geraten! Hab ich schon erwaehnt dass ich gerne im Gruenen bin?! naja auf jeden Fall hab ich mich da dem Schicksal Daisy Millers gewidmet (was MUSS die Alte auch alle Kerle anmachen, Kinners, nee! Der haette es im Barone Rosso gefallen!). Aufgrund der Tatsache dass ich mich in der Natur und somit fernab vom westlichen Konsumismus und Kapitalismus, der uns aus unserer gottgegebenen fernoestlichen Harmonie reisst, befand, hat sich natuerlich auch Giacomo kurz zu mir gesellt, wie sollte es anders sein ;-)
Naja genug gequatscht, jetzt erst nochmal kurz ein paar Kommentare zu den Fotos die ich hier reingebastelt hab (ist irgendwie nicht so geworden wie ich das wollte, aber das war ja abzusehen ;-)! Das da oben habe ich nicht etwa ausgewaehlt weil Stefan oder ich da besonders vorteilhaft drauf aussehen (obwohl wir ja eigentlich immer total irre vorteilhaft ausschauen, versteht sich), sondern weil man da zumindest einen Teil meines Zimmers erahnen kann (arg schee, gell?). Unten drunter seht ihr die Bewohner unseres Maerchenschlosses: Shima, Natalia, Juli und ich. Und dann noch ein Foto von uns drei an meinem Geburtstag. So, das naechste Mal stell ich wieder Bilder rein, aber fuer heute war mir das stressig genug!
Lieb euch alle- eure Judith

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Sport: Mission impossible

Italiener sind in vielerlei Hinsicht schizophren (kein Wunder dass ich mich hier so wohl fuehle). Sie schuetteln unglaeubig den Kopf wenn es einen nach so etwas unsinnigem wie etwa einem Mietvertrag geluestet, aber einfach nur ins Schwimmbad zu gehen stellt einen buerokratischen Gewaltakt dar! Wenn ich in Deutschland schwimmen gehen will, was tu ich dann? genau, ich gehe ins Schwimmbad, ziehe einen Badeanzug an, binde mir ein pieksendes Schluesselbaendchen ums Handgelenk und stuerze mich in die gechlorten Fluten. Und in Italien? jaaa, so einfach ist das hier nicht! da muss ich erstmal einen Termin mit dem Sportarzt ausmachen, der ueberprueft ob evtl. die Gefahr eines Herzinfarkts besteht wenn ich schwimmen gehe (was nicht auszuschliessen ist ;-) und ob ich Fusspilz hab. So er mich fuer sporttauglich befindet, stellt er mir einen entsprechenden Wisch aus, mit dem ich dann zum Sportamt gehe (???), die mir dann einen Sportausweis ausstellen, mit dem ich zu festgesetzten Terminen ins Schwimmbad gehen muss, wo mir dann zum Preis von schlappen 25 Euro eine Monatskarte ausgestellt wird- beginnend jedoch erst im darauffolgenden Monat. Ja und wenn dies alles unbuerokratisch und schnell ueber die Buehne gegangen ist, heisst das, dass ich vermutlich schon ab 27. November regelmaessig schwimmen gehen kann! Toll, so einfach ist es, in Form zu bleiben!
Die haben doch echt nen Schuss.
Gestern Abend habe ich uebrigens nochmal den Vorstoss gewagt und bin mit Lisa, Belinda und Elisa auf eine Erasmus-Feier gegangen; ist aber an der Tatsache gescheitert, dass offensichtlich alle Italiener der Meinung sind dass Erasmus-Studentinnen notwendigerweise auch auf der Suche nach einem heissbluetigen Lover mit bis zum Bauchnabel aufgeknoepftem Hemd sind. Irrtum.
Mal schauen was das Wochenende so bringt; es bleiben viele Fragen offen: werde ich es schaffen, mich ohne schriftliche Bescheinigung sportlich zu betaetigen? werden die Italiener ihre Hemden ausnahmsweise geschlossen lassen? und wird Natalia es schaffen, den CD-Rom-Lehrer zu besiegen?!
Dies alles im naechsten Blogeintrag ;-)! Baci, eure Judith
PS: ich habe keine Ahnung warum das hier alles auf einmal kursiv ist, ich war's nicht! ich glaub dem Computer war heute einfach danach!

Dienstag, 9. Oktober 2007

Do you have many brothers and sisters?

Der Tag in der Via del Pignattello 27, erster Stock, beginnt genau zwei Mal. Einmal gegen sechs Uhr, wenn die beiden Kleinkinder im Stockwerk ueber uns zu neuem Leben erwachen und anfangen, sich zu beschaeftigen- und mit "beschaeftigen" meine ich NICHT die stille Lektuere von paedagogisch wertvollen Buechern, sondern laute, stoerende Betaetigung (Fernsehen in Tinnitus-Lautstaerke, Rumrennen, italienische Nationalhymne singen etc.) Bei diesen dantesken Ausgeburten des Inferno wollte ich urspruenglich sogar Babysitten gehen; mittlerweile findet man mich auf dem Wohnzimmertisch stehend und mit dem Regenschirm gegen die Decke schlagend vor. Ich liebe Kinder, aber nicht um sechs Uhr frueh.
Ja, und dann das zweite Mal gegen halb neun mit folgenden Worten: "Unit 1, Exercise 5: Listening Comprehension"- Natalia lernt Englisch, und zwar mittels einer Sprach-CD. Das heisst, sie lauscht einige Minuten andaechtig und stoesst dann wilde Flueche aus, denen ich entnehme, dass sie nichts versteht ("che cazzo vuole questo tipo??? mi vuole incazzare??!! sono incazzata nera!" -> cazzo = Universalschimpfwort). Dies waere nachvollziehbar, wenn es sich bei den heutigen Listening comprehensions um die gleichen didaktisch unterirdischen Uebungen handeln wuerde mit denen ich seinerzeit in der siebten Klasse belaestigt wurde- uralt-Kassetten mit den Hintergrundgeraeuschen eines Londoner Hauptbahnhofs, aufgenommen am Originalschauplatz, und den kratzenden Geraeuschen aus dem Lautsprecher soll man dann entnehmen, wann der Zug von London nach Liverpool faehrt und ob er so viel Verspaetung hat, dass Peter, Paul und Mary zu spaet zur Beerdigung ihrer Grosstante kommen (oder so). Aber nein, die heutigen Hoerverstehensuebungen sind schnuckelige, geraeuschkulissenmaessig neutrale Konversationen des Typs "Do you have many brothers and sisters?" - "Yes, I have got two brothers and three sisters"- "Oh, how nice, I have got a little sister, too, her name is Lucy!", und dann soll man ankreuzen, ob die Aussage "Gespraechspartner B hat einen Bruder, der Tom heisst" richtig oder falsch ist. Dies ueberfordert meine arme, suesse Mitbewohnerin aber extrem, weshalb sie nach zwei gescheiterten Versuchen meistens dem CD-Rom-Fritzen den Hahn abdreht; aber meist zu spaet, dann bin ich naemlich endgueltig wach und kann genausogut aufstehen.
Dieser kleine Exkurs sollte nur dazu dienen, euch meinen Alltag ein kleines Stueck naeher zu bringen; ihr sollt euch mir ja geistig verbunden fuehlen und so.
Die Tatsache, dass Englisch fuer Italiener ungefaehr so ist wie Arabisch fuer uns bekommen Lisa und ich uebrigens auch in unseren Englischseminaren des oefteren mit; aber na gut, da koennen wir uns wenigstens ausnahmsweise mal schlau und ueberlegen fuehlen ;-)!
Es knuddelt euch alle eure Judith
PS: jaja, ich stell hier bald Bilder rein, versprochen!!!

Montag, 8. Oktober 2007

Altersschwaeche

So, meine Lieben, als allererstes einmal: vielen, vielen Dank euch allen fuer die lieben Gruesse zu meinem Geburtstag, hab mich sehr ueber alle Nachrichten und Anrufe gefreut! Auch wenn sie den Nebeneffekt hatten dass ich ein kleines bisschen heimat-nostalgisch geworden bin; aber ueber diese Anfaelle konnten mir dann ja zum Glueck Vio und Stefan, meine Gaeste in den letzten vier Tagen, mit ihrer Anwesenheit und literweise Cappuccino hinweghelfen!
Jetzt aber der Reihe nach. Am Donnerstag Abend sind die zwei hier angekommen, ausgemergelt und halb am verhungern, aber da konnte Abhilfe geschaffen werden, was ein Glueck. Am Freitag haben wir dann beschlossen, zusammen mit Julia und Franzi, zwei anderen Erasmus-Maedels, nach Arezzo zu fahren- in so einem duften Ueberlandbus Marke Brechreiz. Als wir ankamen mussten wir zu unserem Leidwesen feststellen dass die Bewohner Arezzos ebenso wie die Senesen hauptsaechlich durch ihre Abwesenheit glaenzen; deshalb, und NICHT etwa wegen unserer Kulturbanauserei, haben wir die meiste Zeit mit der Suche nach einer geoeffneten Bar verbracht statt mit der fachkundigen Analyse gotischer Kirchenfassaden. Nachdem wir dann doch eine gefunden hatten (eine geoeffnete Bar, keine gotische Fassade!) und mit dem italienischen Nationalgericht versorgt waren (labbriges Weissbrot mit labbrigem Belag), haben wir uns dann natuerlich auch prompt eine Kirche angeschaut und danach die Casa di Petrarca. Als bekennendes Petrarca-Groupie war ich natuerlich besonders am Petrarca-Haus interessiert und erwartete, dort liebevoll gestaltete Stellwaende vorzufinden, die das Leben und Wirken des Dichters in Szene setzen, womoeglich sogar mit Bildern und Begleitbroschuere. Aber nix, stattdessen gab es dort nur ein paar Nachdrucke seiner Werke, einen seiner Backenzaehne und ein Haeufchen versteinertes Mittagessen (sah zumindest so aus, was genau es war, konnte ich nicht ausmachen) zu sehen. An diesem musealen Desaster haette hoechstens Vio als angehende Zahnaerztin ein maessiges Interesse haben koennen. Naja was soll's.
Auf dem Heimweg erreichte mich dann, zwei Tage zu frueh, die erste Geburtstags-SMS (danke, Basti ;-) und mir wurde schlagartig bewusst, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft alt sein wuerde. Horrorvision davon, wie schlag zwoelf mein Gesicht in Truemmer faellt, meine Haare ergrauen und mein Hintern die schon laengst faellige eigene Postleitzahl bekommt. Oh Gott, Nietzsche hat recht: wir sind alle nichts und zerfallen zu Asche. Aaaahhh!!!!
Nach diesem kurzen nihilistischen Anfall geht der Feiermarathon los: das Lisele feiert im Buena Vista Social Pub mit leckeren Mojitos in ihren Geburtstag rein!
Nach nicht lange waehrender Freude ob der Tatsache, dass sie jetzt 22 ist und ich noch nicht, geht es am naechsten Abend im Barone Rosso weiter und ich bin an der Reihe. Um zwoelf spielt die Liveband sogar Happy Birthday; zwar nicht fuer mich sondern fuer die beschwipste Englaenderin am Nebentisch, macht aber nix, ich freu mich trotzdem.
Als Stefan am naechsten Morgen seinen Nastro-Azzurro-Rausch ausgeschlafen hat gehen wir alle im Cafe Nannini fruehstuecken und ich kaempfe gegen den ersten Anfall von Heimat-Nostalgie, erst mit Cappuccino, dann mit einer Runde grosse Hausordnung.
Die Erleichterung bringt dann der Abend: Vio, Stefan und ich bereiten ein Abendessen fuer elf liebe Gaeste zu (diesmal hab ich ordentlich mitgezaehlt und erfolgreich addiert: fuenf Deutsche, fuenf Italiener und eine Japanerin ;-)! Es gibt Salat, selbstgemachte Kaese- und Pilzspaetzle, Schokotorte, Apfelpfannkuchen und Obstsalat. Nach dem Essen hab ich dann einen neuen, wichtigen Ausdruck gelernt: sto per scoppiare- ich platze gleich ;-)! Als echte "Mama Miracoli" nehme ich das natuerlich als Kompliment.
Meine Gaeste haben auch alle sehr liebe Geschenke mitgebracht, unter anderem eine Fotogalerie mit Bildern von Freunden zuhause, einen Rilke-Gedichtband, ein sardisches Kochbuch (dezente Anspielung?!) und eine CD mit asiatisch angehauchter Floeten-Tiefenentspannungs-Musik (ratet mal, von wem ;-)! Und die nicht-deutschen Gaeste haben auch alle ganz stolz zum besten gegeben, was sie alles auf deutsch sagen koennen; kleiner Ausschnitt aus der tiefgruendigen Diskussion zwischen Giacomo und Shima:
G.: "Bist du Shima?"
S.: "Gut, danke!"
G.: "das ist aber teuer!"
Ihr seht schon, wenn ich in einem Jahr weg bin, sprechen die alle fliessend deutsch ;-)
ich muss zugeben, nach dem ausgedehnten Abend gestern war es heute morgen extrem schwer, um acht aufzustehen und italienische Zeitungsartikel zu uebersetzen, aber das war die schoene Feier definitiv wert!
Stefan und Vio musste ich dann leider auch verabschieden; obwohl, Stefan ist glaub ich ganz froh Vios und meinen Klauen und damit dem dauernden Oestrogenueberschuss entkommen zu sein ;-)!
So, jetzt seid ihr alle erstmal wieder auf dem Laufenden; ich verspreche auch hoch und heilig, sobald ich verstanden habe wie's geht stelle ich ein paar Fotos der letzten Tage hier rein!
Bis dahin drueck ich euch alle platt- eure Judith

Dienstag, 2. Oktober 2007

Unter Studentenscharen Muff von hundert Jahren ;-)

Mein Tag heute hat sehr frueh angefangen, naemlich um halb acht- da bin ich laengs der Mauern der Fortezza joggen gegangen, was unglaublich war, einmal deshalb weil ich gemerkt habe wie schlecht meine Kondition tatsaechlich ist, und ausserdem weil man von dort aus einen atemberaubenden Blick ueber die Stadt hatte, ueber der gerade die Sonne aufging- traumhaft! ich kann jedem nur empfehlen, mich in dieser tollen Stadt besuchen zu kommen und der Sonne beim aufgehen und mir beim abkratzen zuzuschauen ;-)!
Im Anschluss hatten wir ein fantastisches Seminar in englischer Literatur bei einem sehr netten Professor, den man allerdings um einiges besser versteht wenn er italienisch redet; das mit dem Englischen ist noch ausbaufaehig. Aber da haben die Italiener eh nicht so die riesen Begabung fuer, ist ja allgemein bekannt. Dieses Seminar fand uebrigens bezeichnenderweise in einer ehemaligen Nervenheilanstalt statt, die mittlerweile zur Uni umgebaut worden ist- nun gut, der Terminus "geistig krank" ist ja eine Frage der Definition...
Danach kam dann mein Highlight des Tages: ich hatte ein Seminar in interkultureller Philosophie entdeckt, das auch einen Yogakurs beinhaltet- fein, dachte ich mir, das kann meiner unglaublich ausgeglichenen Persoenlichkeit nur noch zusaetzlich foerderlich sein, und ausserdem koennte ich da Giacomo, meinen Freund der veganen Ernaehrung, gleich mitnehmen.
Jetzt kam ich da in den Vorlesungsraum- ein alter Kinosaal mit Kinosesseln, die einen in eine dichte Staubwolke huellen, sobald man sich auf ihnen niederlaesst. Um mich herum lauter Philosophiestudenten, alle noch einen Zahn schaerfer als die in Deutschland. Ich kam mir ungeheuer fehl am Platz vor, weil ich ein frisch gewaschenes T-Shirt anhatte und morgens sogar Gebrauch von meiner Buerste gemacht hatte. Ich bildete mir sogar ein, unter den Sesseln das Krabbeln diverser Viecher zu hoeren, was ich aber nicht mit Sicherheit bestaetigen kann. Dann ging's los, der Professor, ungefaehr so angestaubt wie die Kinosessel, kam rein und legte direkt los, so von wegen was wir alles lesen sollen um die gesamte Tragweite des interkulturellen Verstehens begreifen zu koennen. Oh Mann, ich weiss warum ich es schon in Wuerzburg nie geschafft habe, die Philosophieseminare durchzustehen! "Nun, cari studenti, im zweiten Drittel werden wir auch Nietzsche lesen; Nietzsche war ja ein bedeutender Vertreter des Nihilismus; das kommt von lat. nihil = nichts, was sich leicht anhoert, aber nicht leicht ist! Was IST denn dieses nihil, dieses Nichts?! sie, da vorne, in der ersten Reihe, wissen SIE es?!? haben sie sich darueber schon einmal Gedanken gemacht?!" ja, hab ich, dieser Kurs zum Beispiel, der ist nichts! Ich habe das Experiment "interkulturelle Philosophie" dann nach 1 1/2 Stunden vorzeitig abgebrochen, weil ich (im Ernst, kein scherz!) nicht mehr aufhoeren konnte zu niesen.
Dann schauen wir doch mal, was morgen so auf uns zukommt! Vielleicht besorg ich mir ja eine Staubmaske und ein kariertes Leinenhemd, mach mir auf die Schnelle Dreadlocks und versuch mein Glueck nochmal ;-)!
viele liebe gruesse e un bacione a tutti- eure Judith

Montag, 1. Oktober 2007

Andiamo in discoteca!

Oh Gott Leuts, kaum wagt man den Schritt und stuerzt sich waghalsig ins italienische Nachtleben kommt sowas!
Die Gruppo Erasmus hatte eine Mail rumgeschickt und feierwillige Studenten ueber die Moeglichkeit, mit dem Bus in eine ausserhalb liegende Disco zu fahren, in Kenntnis gesetzt. Also haben Lisa und ich uns gedacht, warum nicht? und sind in den Bus gestiegen. Die Fahrt ging ziemlich weit in culo al mondo, und als wir da waren- tatatata, Ueberraschung!!!! eine italienische pseudo-nobel-Grossraum-Zappelbude mit grossen Kronleuchtern und all so ueberfluessigem Schnickschnack. Fein fein, solche Etablissements habe ich zuletzt mit 17, 18 oder so besucht, da wird man ja regelrecht nostalgisch! Da Lisa und ich schon einen (escht dod...dodal gut gehicks... gemixten) Mojito intus hatten, haben wir uns trotzdem enorm amuesiert, vor allem weil die maennlichen Exemplare der Spezies "Italiener" (Subfamilie Schleimbeutel) sehr zu unserer Erheiterung beigetragen haben. Die sind echt eine wandelnde anthropologische Studie zum Thema "Verhalten geschlechtsreifer Vertreter des Homo semi sapiens sapiens beim Anblick eines Weibchens": erst versuchen sie, durch gaaaaanz tiefe Blicke Kontakt aufzunehmen, fuehren einen rhythmischen Balztanz auf und wenn alles nichts hilft, wird das blaue Seidenhemd bis zum Bauchnabel aufgeknoepft, auf das Frau das Brusthaartoupet bestaunen kann. Tolle Sache, das.
Aber die Weibchen sind auch nicht schlecht: sie tragen in der Regel schwarze Strumpfhosen mit einem goldenen Guertel drueber (manchmal kann die Strumpfhose auch wegfallen, dann ist der Guertel ein bisschen breiter und nennt sich "Rock") und Schuhe, die schon beim blossen Anblick Schmerz verursachen, auch diese bevorzugt in metallic- sowas will ich auch mal haben, wenn ich gross bin! Wir haben dann unser Glueck bei HipHop und Techno versucht, aber gegen zwei dann doch resigniert aufgegeben, nachdem die einfach partout nix von Billy Talent oder The Fratellis spielen wollten.
Auf der Heimfahrt mit unserem Partybus (das alles hat auch so ein bisschen Ruf-Jugendreisen-Flair) haben dann zwei franzoesische Exemplare o.g. Spezies noch ihre ungeheure Kraft unter Beweis gestellt, indem sie sich gepruegelt haben (siehe auch "Scheinkampf" oder "Verteidigung des Territoriums").
Am naechsten Abend hatten wir uns dann einen etwas unspektakulaereren, aber nicht weniger lustigen Abend verdient: gemeinsames Kochen mit 8 Maedels, 7 Deutsche, eine Griechin und eine Tuerkin.
Und heute dann der grosse erste Tag an der Uni (Natalia, meine Mitbewohnerin, hat mich gleich mal ausgelacht weil ich uebereifrig um halb 8 auf der Matte stand um auch ja nicht zu spaet zu kommen- "o Giuditta, sei tanto....tedesca!" - "Oh Judith, du bist so..... deutsch!")
wir hatten einen meiner Meinung nach sehr tollen Uebersetzungskurs, und so gaaaanz langsam blicke ich auch durch wie das ganze System hier funktioniert; das freut den Kontrollteufel in meinem Kopf natuerlich. Im Kurs habe ich dann auch noch eine ganz suesse Italienerin kennengelernt die auch in Wuerzburg Erasmus gemacht hat; sie und ihre neapolitanische Mitbewohnerin sind dann auch gleich mit in die Mensa gekommen. Oh Mann, das muss ich euch erzaehlen: da bekommt man fuer 2,50 ein Nudelgericht, Fleisch oder Fisch, einen Teller Beilagen, Obst, Salat, Broetchen und Wasser soviel man will! Ich LIEBE Italien! (ich bin scho ganz schoen verfressen, oder?! immer schreib ich nur was ich zu essen krieg ;-)!
Gerade eben haben wir dann Lisas Sachen in ihre neue WG verfrachtet- oh Mann, wird bestimmt ganz ungewohnt wenn sie nicht mehr auf dem rueckenfeindlichen Sprungfeder-Gaestebett neben mir schlaeft! hm, sie wird sich wahrscheinlich freuen nachdem ich letzte Nacht anscheinend recht unruhig geschlafen und dauernd gegen ihr Bett getreten habe... ;-)!
Naja, die naechsten Tage werden sicher nochmal ganz schoen chaotisch, bis ich weiss in welche Kurse ich muss, dann noch ganz viele Erasmuspartys (vielleicht koennte man ja ein Hemden-aufknoepf-verbot verhaengen?!) und Besuch aus Deutschland bekomm ich auch- Vio und Stefan, ich freu mich auf euch!
Also dann, ich muss los, hab Natalia und Giulia versprochen, heute zu kochen (schon wieder essen ;-)!
tanti abbracci e baci- eure Ju

Samstag, 29. September 2007

Buchweizen-Gemuese-Pfanne

Halli hallo ihr Lieben zu Hause und in aller Welt!
Meine Erwartungen bezueglich des Abendessens bei Giacomo, Natalias Oeko-Kumpel, haben sich in etwa bestaetigt: es gab so ein Getreide, das sich farro nennt und so aehnlich schmeckt wie Buchweizen, mit Erbsenpueree und Brokkoli; hat sehr biologisch-dynamisch geschmeckt, und auch das Ambiente war entsprechend: eine grandiose Mischung aus nordamerikanischen Indianer-Raeucherstaebchen, suedostasiatischer Musik und Sitzkissen von weiss der Teufel woher, Guatemala oder so. Abgerundet wurde der (wirklich sehr lustige) Abend von einer intellektuellen Gespraechsrunde ueber Introspektion und einem kleinen Hauskonzert mit folgenden Instrumenten: Gitarre, Bongotrommel, komische Busch-Rasseln und Klangstaebe. Kinners, was hatte mer n Spass!
Danach brauchte ich erstmal ne Runde spirituellen Absturz auf der Piazza, wo ein Haufen besoffener Erasmusstudenten rumgefallen ist; des weiteren gab es das Angebot der festa dell'Oca, ein von der Palio-Gewinner-Contrada Oca ("Gans") ausgerichtetes Fest, auf dem sich befremdlicherweise alle als Aegypter verkleidet hatten (hatte ich schon erwaehnt dass die Senesen, so sie in Erscheinung treten, ein bisschen wunderlich sind?!)
So ist der Abend doch sehr gut zu Ende gegangen, und heute haben das Lisele und ich erstmal einen Stadtbummel gemacht, den wir uns auch redlich verdient hatten, nachdem wir im Handy-Office ueber eine Stunde gewartet hatten, bis wir an der Reihe waren (die hocheffiziente italienische Buerokratie hatte ich ja auch schon erwaehnt, oder?)
Und bei dem heute wieder annehmbaren Wetter hat der Bummel auch gleich doppelt so viel Spass gemacht!
Dann schauen wir mal, was der Abend heute so bringt (vor allem das Abendessen); nach gestern ist mir heute irgendwie nach was richtig ungesundem, vielleicht Pizza?!
Also bis bald, fuehlt euch gedrueckt von eurer Oeko-Judith

Freitag, 28. September 2007

Stadtmarathon

Scheiss Wetter hier in Siena, da haett ich auch in Deutschland bleiben koennen ;-)! Regen, a...kalt, schmuddelig, pfui!
Und bei diesen Traumverhaeltnissen sind Lisa und ich gestern losgezogen, um ein Zimmer fuer sie zu finden. Doch das Glueck war mit uns: schon gleich das erste, das wir angeschaut haben, war toll (hat irgendwie sehr an den Denkler erinnert)! Die dort residierenden Maedels haben auch gleich ihr ok gegeben und Lisa mit zum Vermieter geschleppt- oh mann, ich hab gedacht, deutsche Buerokratie waer schlimm! Aber dagegen sind deutsche Beamte ja Waisenkinder!!! Der Typ, so ein Immobilienfuzzi der jeden Mist schriftlich verbrieft haben will, hat erstmal angefangen rumzustressen weil Lisa Erasmusstudentin ist und das Erasmusprogramm sich offensichtlich seinen Kenntnissen entzogen hat; kurzum, er wollte sie nicht dort wohnen lassen, weil erstens sagt ihm Erasmus nix, und zweitens konnte sie ihren Studentenausweis noch nicht vorlegen weil sie den erst in ein paar Tagen bekommt. Ihre relativ ratlosen Mitbewohnerinnen standen dann, wueste Beschimpfungen fluchend, draussen rum, bis wir auf die glorreiche Idee kamen, ihm doch Lisas vorlaeufigen Ausweis zu zeigen, damit er Ruhe gibt; dieses stueck gestempelte Papier, das ja letztenendes nichts anderes aussagt als das, was ihm die Maedels vorher schon tausend mal erklaert hatten (naemlich dass Lisa hier Erasmusstudentin ist und demnaechst ihren endgueltigen Ausweis bekommt), hat ihn dann anscheinend dermassen beeindruckt, dass er doch zugestimmt hat. Unglaublich, diese Paragraphenheinis: versucht man ihnen was zu erklaeren, redet man gegen ne Wand, aber sobald sie irgendwas offiziell aussehendes mit nem Stempel drauf vor der Nase haben, werden sie gefuegig! Wie so Affen, denen man erst mit ner Banane vorm Gesicht rumwedeln muss, damit sie Kunststueckchen machen, wobei die Affen in diesem Vergleich eindeutig groessere geistige Faehigkeiten beweisen, weil man denen die Banane nicht erst noch abstempeln muss!
Na gut, nach diesem etwas nervenaufreibenden Tag sind wir dann noch in die Uni zur Semesteranfangsparty gegangen; da hat eine Band im Innenhof der Fakultaet gespielt (italienischen Hardcore- Traumkombi ;-), so ein bisschen wie Laby- Heimatgefuehle!!!! Das Publikum war auch so eine Mischung aus Laby-und Akw-Gaengern (mit Tendenz zum Akw); die Studenten der facoltà di lettere werden ja nicht umsonst zecchi genannt (was genau das heisst, wonach es sich anhoert ;-)! Alles in allem also sehr angenehm und vertraut!heute mussten wir nochmal zum ufficio Erasmus und Lisa einschreiben, wo wieder mal ein Pulk Spanier (die treten immer nur im Rudel auf) hektisch rumgerannt ist und Aushaenge mit Wohnungsangeboten gesucht hat- zum Glueck haben wir das hinter uns...
Naja, und jetzt hab ich Kopfschmerzen und die Nase laeuft Marathon- tempo di merda, bloedes Scheisswetter, sag ich da nur!
Viele Umarmungen und ein herzliches "hatschi" von eurer Judith

Donnerstag, 27. September 2007

Wo sind all die Senesen hin, wer hat sie geseh'n?!

So, der ganze offizielle Anmelde-Papierkram ist soweit erledigt, und so langsam habe ich mich auch schon in der Stadt eingelebt; zumindest brauche ich keine halbe Stunde mehr, um vom Campo nach Hause zu finden.
Das einzig merkwuerdige an dieser ansonsten bekanntermassen wunderschoenen Stadt ist, dass sie anscheinend keine Ureinwohner hat; zumindest habe ich noch keinen echten Senesen getroffen und kenne auch niemanden, der schon mal einen gesehen hat! Dies hat mich zuerst zu der Theorie verleitet, dass es sich bei den Senesen um einen schon seit dem Mittelalter ausgestorbenen Volksstamm handelt, der nurnoch in Mythen und Legenden weiterlebt; dagegen spricht aber die Tatsache, dass sie zweimal im Jahr wie aus dem Nichts auftauchen, zwei Minuten lang um ihren Marktplatz rumreiten und dann ebenso ploetzlich wieder verschwinden.
Die Geisterstadt des Geistervolkes ist uebrigens unterteilt in Stadtteile, genannt contrade, von denen jede ihr eigenes Wappen hat; jetzt ratet mal, in welcher contrada ich wohne?! in der STACHELSCHWEIN- contrada!!! Ich versuche, es nicht persoenlich zu nehmen.
Gestern ist ja auch das Lisele angekommen und wir zwei beide machen uns jetzt gleich mal auf und suchen ein Zimmer fuer sie; vielleicht finden wir ja eins in einer etwas schmeichelhafteren contrada ;-)!
Morgen sind wir dann zum Essen bei einem Freund von Natalia, meiner Mitbewohnerin, zum Essen eingeladen; so ein alternativ-kreativ-Freak, der auf dem Boden isst, sein Geld floetespielend verdient und immer so ueberirdisch laechelt. Ich weiss auch nicht, irgendwie haben, ich will nicht sagen alle, aber doch erstaunlich viele Italiener ein kleines bisschen nen Hau weg; aber durchaus im positiven Sinn, denn alle die ich bis jetzt getroffen habe waren sehr freundlich, hilfsbereit und nett, da kann man ueber so Kleinigkeiten wie Oekolatschen und zerschlissenen Indien-Rucksacktrip-Erinnerungs-Poncho mal hinwegsehen!
Das naechste Mal schreibe ich euch dann, was es zu essen gab; ich tippe auf veganen Reis-Gemuese-Eintopf und gruenen Tee ;-)!
bis dahin: un bacione a tutti!

Montag, 24. September 2007

ufficio Erasmus- che merda!!!

Mein heutiges Abenteuer: Spiessrutenlauf in der Aemterlandschaft Sienas! Ich musste mich heute einschreiben gehen, also was macht die gewissenhafte Deutsche? Sie steht um halb neun vor dem betreffenden Amt, da sind die Beamten noch gut gelaunt und man kommt schnell dran. soweit die optimistische Theorie. Diese Einschaetzung kollidiert leider in der Realitaet etwas unangenehm mit der italienischen Auffassung von Buerokratie nach dem Minimax-Prinzip: minimaler Aufwand fuer maximale Ineffizienz. will heissen: Amt oeffnet um elf und schliesst um eins wieder. in diese zwei stunden pressen wir dann so viele einschreibe-enthusiastische studenten wie irgend moeglich, schicken sie noch ein paar mal hin und her zwischen amt 1-5 (erhoeht die spannung) und machen dann puenktlich schluss- wollen uns ja nicht uebernehmen, nicht war! Na gut, hab aber alles hinbekommen, dabei noch eine Italienerin kennengelernt die gerade von ihrem Erasmusaufenthalt in Wuerzburg zurueckkam (klein ist die Welt...) und eine hektisch herumrennende Spanierin, die mich fuer eine Italienerin hielt und dachte, ich koenne ihr bei der Wohnungssuche behilflich sein.
Nach dem ganzen Stress erstmal ein Cappuccino im Cafe Nannini, das uebrigens der Verwandtschaft gleichnamiger Rockroehre gehoert und sehr schick ist (das Cafe, nicht Gianna).
Auf dem Rueckweg bin ich dann noch in einen alternden Spanier reingerannt, der prompt fragte, ob er nicht ein Foto mit mir machen duerfe, um seine "ex-mujer" eifersuechtig zu machen- also hier rennen ja schon ein paar schraege gestalten rum!!
Und morgen folgt dann Teil zwei der Aemter-Odyssee; die Aufgabe lautet: "mache deinen Koordinator ausfindig und ueberrede ihn, dein Learning Agreement zu unterzeichnen"! Davon berichte ich dann ein andermal. bis dahin seid alle umarmt und plattgedrueckt von eurer
Judith
PS: der Kontroll-Organisations-Teufel in meinem Kopf ist natuerlich grad am Sambatanzen, versteht sich ;-)!

Samstag, 22. September 2007

Ciao Toscana!

Hallo aus der Toscana! Nach einer echt etwas langwierigen, 14-stuendigen Zugfahrt bin ich gestern abend um halb neun angekommen! Im Zug ist mir uebrigens was echt lustiges passiert (das heisst, heute, wo meine Laune schon um einiges besser ist, finde ich es lustig, gestern haette ich sie gerne gehauen)! Da ich ja meine Reise um halb sieben morgens begonnen habe, war ich noch dementsprechend muede und habe mich, kaum dass ich im Zug war, auf meinem Sitz zusammengerollt und mein Haupt auf Schlumpi gebettet (fuer alle, dies nicht wissen: mein mich seit nunmehr fast 22 Jahren begleitender Stoffhund). In Nuernberg ist dann so ein junges Paar eingestiegen und der Typ wollte sich auf den freien Platz neben mich setzen; da meinte seine Freundin im ruecksichtsvollen Fluesterton zu ihm: "nee komm, lass mal, das kleine Kind mit dem Rucksack will schlafen!"
Naja, um neun Uhr war das kleine Kind mit dem Stoffhund dann in seiner neuen WG; meine Mitbewohnerinnen sind wirklich sehr nett (obwohl natuerlich nicht zu vergleichen mit denen zuhause, ist klar ;-), und bei dieser Gelegenheit habe ich auch erfahren, dass wir sogar zu viert sind: Natalia (eine Italienerin), Chima (eine Japanerin) und Giulia, eigentlich Inderin, aber laut Natalia "toscanissima".
Ich hab dann noch am gleichen Abend mein Zimmer eingerichtet bzw. die schlimmsten Moebelstuecke mit bunten Tuechern zugehaengt (z.B. das goldfarbene Beistelltischchen Marke "Grossmutters Traum") und alle damit verbluefft dass ich allen Ernstes sogar Teelichter von zuhause mitgebracht habe ;-)
Heute morgen dann gleich italienische Kultur in Reinform: Cappuccino und Brioche mit Natalia in der Bar um die Ecke. Danach bin ich ein bisschen losgezogen um die Stadt zu erkunden; die ist wirklich wunderschoen und vor allem klein (hab mich gerade mal vier oder fuenf mal verlaufen- das spricht fuer ein ausgesprochen uebersichtliches Stadtbild)!
Und spaeter kommt dann Natalias Freund-nicht Freund-man weiss nicht so genau-was auch immer zum Essen vorbei.
Also dann, ich mach mich jetzt mal auf zum supermercato, muss noch ein bisschen was besorgen- die liebsten Gruesse e a presto! Judith

Donnerstag, 20. September 2007

Addio Germania

So, der letzte Abend ist gekommen. Meine sieben Sachen sind in beinahe ebenso viele Taschen und Koffer verstaut (wollte schon immer mal mit 100 Kilo Gepäck Zug fahren- Reisen in einer neuen Dimension!), Verwandte und Freunde sind verabschiedet und aufgrund meines glaub ich angeborenen Kontrollzwangs ist auch schon seit Monaten alles Wichtige (und Unwichtige) geregelt (ich hab sogar Tesa Power Strips zum Aufhängen und spurlosen Wiederablösen von Fotos und Postern gekauft, da ich nicht weiß, ob es in Italien sowas gibt, und wenn ja, wo).
Während sich also der kleine Kontrollteufel in meinem Hirn entspannt zurücklehnt und ein Nickerchen macht, bin ich damit beschäftigt, mithilfe von Tee, einschläfernder Lektüre (SZ, Wirtschaftsteil) und ruhiger Entspannungsmusik (Billy Talent) mein angespanntes Nervenkostüm zu beruhigen; Erfolg: mäßig bis sau-mäßig.
Aber gut, da Entspanntheit und innere Ruhe ja bekanntermaßen meine herausragendsten Eigenschaften sind (ähem...) werde ich den Abend sicher gut rumbringen, und falls nicht mein 50-Kilo-Monstrumskoffer aus der Gepäckablage fällt und mich unter sich begräbt auch heil in Siena ankommen. Das hört ihr dann aber später, nach der nächsten Maus ;-)!
Bis dahin umarme ich alle meine Lieben in Gedanken ganz fest und "grüß mal alle, die mich kennen" (ich hasse es wenn Leute im Radio sowas sagen; sind die immer so unpräzise? Sagen die auch an der Käsetheke "geben sie mir mal 200 Gramm von jeder Sorte, die ich kenne"?! na gut, dies nur als kleinen Denkanstoß auf die Nacht... ;-)
Bis bald! Judith und ihr Kontrollteufel