Samstag, 29. September 2007

Buchweizen-Gemuese-Pfanne

Halli hallo ihr Lieben zu Hause und in aller Welt!
Meine Erwartungen bezueglich des Abendessens bei Giacomo, Natalias Oeko-Kumpel, haben sich in etwa bestaetigt: es gab so ein Getreide, das sich farro nennt und so aehnlich schmeckt wie Buchweizen, mit Erbsenpueree und Brokkoli; hat sehr biologisch-dynamisch geschmeckt, und auch das Ambiente war entsprechend: eine grandiose Mischung aus nordamerikanischen Indianer-Raeucherstaebchen, suedostasiatischer Musik und Sitzkissen von weiss der Teufel woher, Guatemala oder so. Abgerundet wurde der (wirklich sehr lustige) Abend von einer intellektuellen Gespraechsrunde ueber Introspektion und einem kleinen Hauskonzert mit folgenden Instrumenten: Gitarre, Bongotrommel, komische Busch-Rasseln und Klangstaebe. Kinners, was hatte mer n Spass!
Danach brauchte ich erstmal ne Runde spirituellen Absturz auf der Piazza, wo ein Haufen besoffener Erasmusstudenten rumgefallen ist; des weiteren gab es das Angebot der festa dell'Oca, ein von der Palio-Gewinner-Contrada Oca ("Gans") ausgerichtetes Fest, auf dem sich befremdlicherweise alle als Aegypter verkleidet hatten (hatte ich schon erwaehnt dass die Senesen, so sie in Erscheinung treten, ein bisschen wunderlich sind?!)
So ist der Abend doch sehr gut zu Ende gegangen, und heute haben das Lisele und ich erstmal einen Stadtbummel gemacht, den wir uns auch redlich verdient hatten, nachdem wir im Handy-Office ueber eine Stunde gewartet hatten, bis wir an der Reihe waren (die hocheffiziente italienische Buerokratie hatte ich ja auch schon erwaehnt, oder?)
Und bei dem heute wieder annehmbaren Wetter hat der Bummel auch gleich doppelt so viel Spass gemacht!
Dann schauen wir mal, was der Abend heute so bringt (vor allem das Abendessen); nach gestern ist mir heute irgendwie nach was richtig ungesundem, vielleicht Pizza?!
Also bis bald, fuehlt euch gedrueckt von eurer Oeko-Judith

Freitag, 28. September 2007

Stadtmarathon

Scheiss Wetter hier in Siena, da haett ich auch in Deutschland bleiben koennen ;-)! Regen, a...kalt, schmuddelig, pfui!
Und bei diesen Traumverhaeltnissen sind Lisa und ich gestern losgezogen, um ein Zimmer fuer sie zu finden. Doch das Glueck war mit uns: schon gleich das erste, das wir angeschaut haben, war toll (hat irgendwie sehr an den Denkler erinnert)! Die dort residierenden Maedels haben auch gleich ihr ok gegeben und Lisa mit zum Vermieter geschleppt- oh mann, ich hab gedacht, deutsche Buerokratie waer schlimm! Aber dagegen sind deutsche Beamte ja Waisenkinder!!! Der Typ, so ein Immobilienfuzzi der jeden Mist schriftlich verbrieft haben will, hat erstmal angefangen rumzustressen weil Lisa Erasmusstudentin ist und das Erasmusprogramm sich offensichtlich seinen Kenntnissen entzogen hat; kurzum, er wollte sie nicht dort wohnen lassen, weil erstens sagt ihm Erasmus nix, und zweitens konnte sie ihren Studentenausweis noch nicht vorlegen weil sie den erst in ein paar Tagen bekommt. Ihre relativ ratlosen Mitbewohnerinnen standen dann, wueste Beschimpfungen fluchend, draussen rum, bis wir auf die glorreiche Idee kamen, ihm doch Lisas vorlaeufigen Ausweis zu zeigen, damit er Ruhe gibt; dieses stueck gestempelte Papier, das ja letztenendes nichts anderes aussagt als das, was ihm die Maedels vorher schon tausend mal erklaert hatten (naemlich dass Lisa hier Erasmusstudentin ist und demnaechst ihren endgueltigen Ausweis bekommt), hat ihn dann anscheinend dermassen beeindruckt, dass er doch zugestimmt hat. Unglaublich, diese Paragraphenheinis: versucht man ihnen was zu erklaeren, redet man gegen ne Wand, aber sobald sie irgendwas offiziell aussehendes mit nem Stempel drauf vor der Nase haben, werden sie gefuegig! Wie so Affen, denen man erst mit ner Banane vorm Gesicht rumwedeln muss, damit sie Kunststueckchen machen, wobei die Affen in diesem Vergleich eindeutig groessere geistige Faehigkeiten beweisen, weil man denen die Banane nicht erst noch abstempeln muss!
Na gut, nach diesem etwas nervenaufreibenden Tag sind wir dann noch in die Uni zur Semesteranfangsparty gegangen; da hat eine Band im Innenhof der Fakultaet gespielt (italienischen Hardcore- Traumkombi ;-), so ein bisschen wie Laby- Heimatgefuehle!!!! Das Publikum war auch so eine Mischung aus Laby-und Akw-Gaengern (mit Tendenz zum Akw); die Studenten der facoltà di lettere werden ja nicht umsonst zecchi genannt (was genau das heisst, wonach es sich anhoert ;-)! Alles in allem also sehr angenehm und vertraut!heute mussten wir nochmal zum ufficio Erasmus und Lisa einschreiben, wo wieder mal ein Pulk Spanier (die treten immer nur im Rudel auf) hektisch rumgerannt ist und Aushaenge mit Wohnungsangeboten gesucht hat- zum Glueck haben wir das hinter uns...
Naja, und jetzt hab ich Kopfschmerzen und die Nase laeuft Marathon- tempo di merda, bloedes Scheisswetter, sag ich da nur!
Viele Umarmungen und ein herzliches "hatschi" von eurer Judith

Donnerstag, 27. September 2007

Wo sind all die Senesen hin, wer hat sie geseh'n?!

So, der ganze offizielle Anmelde-Papierkram ist soweit erledigt, und so langsam habe ich mich auch schon in der Stadt eingelebt; zumindest brauche ich keine halbe Stunde mehr, um vom Campo nach Hause zu finden.
Das einzig merkwuerdige an dieser ansonsten bekanntermassen wunderschoenen Stadt ist, dass sie anscheinend keine Ureinwohner hat; zumindest habe ich noch keinen echten Senesen getroffen und kenne auch niemanden, der schon mal einen gesehen hat! Dies hat mich zuerst zu der Theorie verleitet, dass es sich bei den Senesen um einen schon seit dem Mittelalter ausgestorbenen Volksstamm handelt, der nurnoch in Mythen und Legenden weiterlebt; dagegen spricht aber die Tatsache, dass sie zweimal im Jahr wie aus dem Nichts auftauchen, zwei Minuten lang um ihren Marktplatz rumreiten und dann ebenso ploetzlich wieder verschwinden.
Die Geisterstadt des Geistervolkes ist uebrigens unterteilt in Stadtteile, genannt contrade, von denen jede ihr eigenes Wappen hat; jetzt ratet mal, in welcher contrada ich wohne?! in der STACHELSCHWEIN- contrada!!! Ich versuche, es nicht persoenlich zu nehmen.
Gestern ist ja auch das Lisele angekommen und wir zwei beide machen uns jetzt gleich mal auf und suchen ein Zimmer fuer sie; vielleicht finden wir ja eins in einer etwas schmeichelhafteren contrada ;-)!
Morgen sind wir dann zum Essen bei einem Freund von Natalia, meiner Mitbewohnerin, zum Essen eingeladen; so ein alternativ-kreativ-Freak, der auf dem Boden isst, sein Geld floetespielend verdient und immer so ueberirdisch laechelt. Ich weiss auch nicht, irgendwie haben, ich will nicht sagen alle, aber doch erstaunlich viele Italiener ein kleines bisschen nen Hau weg; aber durchaus im positiven Sinn, denn alle die ich bis jetzt getroffen habe waren sehr freundlich, hilfsbereit und nett, da kann man ueber so Kleinigkeiten wie Oekolatschen und zerschlissenen Indien-Rucksacktrip-Erinnerungs-Poncho mal hinwegsehen!
Das naechste Mal schreibe ich euch dann, was es zu essen gab; ich tippe auf veganen Reis-Gemuese-Eintopf und gruenen Tee ;-)!
bis dahin: un bacione a tutti!

Montag, 24. September 2007

ufficio Erasmus- che merda!!!

Mein heutiges Abenteuer: Spiessrutenlauf in der Aemterlandschaft Sienas! Ich musste mich heute einschreiben gehen, also was macht die gewissenhafte Deutsche? Sie steht um halb neun vor dem betreffenden Amt, da sind die Beamten noch gut gelaunt und man kommt schnell dran. soweit die optimistische Theorie. Diese Einschaetzung kollidiert leider in der Realitaet etwas unangenehm mit der italienischen Auffassung von Buerokratie nach dem Minimax-Prinzip: minimaler Aufwand fuer maximale Ineffizienz. will heissen: Amt oeffnet um elf und schliesst um eins wieder. in diese zwei stunden pressen wir dann so viele einschreibe-enthusiastische studenten wie irgend moeglich, schicken sie noch ein paar mal hin und her zwischen amt 1-5 (erhoeht die spannung) und machen dann puenktlich schluss- wollen uns ja nicht uebernehmen, nicht war! Na gut, hab aber alles hinbekommen, dabei noch eine Italienerin kennengelernt die gerade von ihrem Erasmusaufenthalt in Wuerzburg zurueckkam (klein ist die Welt...) und eine hektisch herumrennende Spanierin, die mich fuer eine Italienerin hielt und dachte, ich koenne ihr bei der Wohnungssuche behilflich sein.
Nach dem ganzen Stress erstmal ein Cappuccino im Cafe Nannini, das uebrigens der Verwandtschaft gleichnamiger Rockroehre gehoert und sehr schick ist (das Cafe, nicht Gianna).
Auf dem Rueckweg bin ich dann noch in einen alternden Spanier reingerannt, der prompt fragte, ob er nicht ein Foto mit mir machen duerfe, um seine "ex-mujer" eifersuechtig zu machen- also hier rennen ja schon ein paar schraege gestalten rum!!
Und morgen folgt dann Teil zwei der Aemter-Odyssee; die Aufgabe lautet: "mache deinen Koordinator ausfindig und ueberrede ihn, dein Learning Agreement zu unterzeichnen"! Davon berichte ich dann ein andermal. bis dahin seid alle umarmt und plattgedrueckt von eurer
Judith
PS: der Kontroll-Organisations-Teufel in meinem Kopf ist natuerlich grad am Sambatanzen, versteht sich ;-)!

Samstag, 22. September 2007

Ciao Toscana!

Hallo aus der Toscana! Nach einer echt etwas langwierigen, 14-stuendigen Zugfahrt bin ich gestern abend um halb neun angekommen! Im Zug ist mir uebrigens was echt lustiges passiert (das heisst, heute, wo meine Laune schon um einiges besser ist, finde ich es lustig, gestern haette ich sie gerne gehauen)! Da ich ja meine Reise um halb sieben morgens begonnen habe, war ich noch dementsprechend muede und habe mich, kaum dass ich im Zug war, auf meinem Sitz zusammengerollt und mein Haupt auf Schlumpi gebettet (fuer alle, dies nicht wissen: mein mich seit nunmehr fast 22 Jahren begleitender Stoffhund). In Nuernberg ist dann so ein junges Paar eingestiegen und der Typ wollte sich auf den freien Platz neben mich setzen; da meinte seine Freundin im ruecksichtsvollen Fluesterton zu ihm: "nee komm, lass mal, das kleine Kind mit dem Rucksack will schlafen!"
Naja, um neun Uhr war das kleine Kind mit dem Stoffhund dann in seiner neuen WG; meine Mitbewohnerinnen sind wirklich sehr nett (obwohl natuerlich nicht zu vergleichen mit denen zuhause, ist klar ;-), und bei dieser Gelegenheit habe ich auch erfahren, dass wir sogar zu viert sind: Natalia (eine Italienerin), Chima (eine Japanerin) und Giulia, eigentlich Inderin, aber laut Natalia "toscanissima".
Ich hab dann noch am gleichen Abend mein Zimmer eingerichtet bzw. die schlimmsten Moebelstuecke mit bunten Tuechern zugehaengt (z.B. das goldfarbene Beistelltischchen Marke "Grossmutters Traum") und alle damit verbluefft dass ich allen Ernstes sogar Teelichter von zuhause mitgebracht habe ;-)
Heute morgen dann gleich italienische Kultur in Reinform: Cappuccino und Brioche mit Natalia in der Bar um die Ecke. Danach bin ich ein bisschen losgezogen um die Stadt zu erkunden; die ist wirklich wunderschoen und vor allem klein (hab mich gerade mal vier oder fuenf mal verlaufen- das spricht fuer ein ausgesprochen uebersichtliches Stadtbild)!
Und spaeter kommt dann Natalias Freund-nicht Freund-man weiss nicht so genau-was auch immer zum Essen vorbei.
Also dann, ich mach mich jetzt mal auf zum supermercato, muss noch ein bisschen was besorgen- die liebsten Gruesse e a presto! Judith

Donnerstag, 20. September 2007

Addio Germania

So, der letzte Abend ist gekommen. Meine sieben Sachen sind in beinahe ebenso viele Taschen und Koffer verstaut (wollte schon immer mal mit 100 Kilo Gepäck Zug fahren- Reisen in einer neuen Dimension!), Verwandte und Freunde sind verabschiedet und aufgrund meines glaub ich angeborenen Kontrollzwangs ist auch schon seit Monaten alles Wichtige (und Unwichtige) geregelt (ich hab sogar Tesa Power Strips zum Aufhängen und spurlosen Wiederablösen von Fotos und Postern gekauft, da ich nicht weiß, ob es in Italien sowas gibt, und wenn ja, wo).
Während sich also der kleine Kontrollteufel in meinem Hirn entspannt zurücklehnt und ein Nickerchen macht, bin ich damit beschäftigt, mithilfe von Tee, einschläfernder Lektüre (SZ, Wirtschaftsteil) und ruhiger Entspannungsmusik (Billy Talent) mein angespanntes Nervenkostüm zu beruhigen; Erfolg: mäßig bis sau-mäßig.
Aber gut, da Entspanntheit und innere Ruhe ja bekanntermaßen meine herausragendsten Eigenschaften sind (ähem...) werde ich den Abend sicher gut rumbringen, und falls nicht mein 50-Kilo-Monstrumskoffer aus der Gepäckablage fällt und mich unter sich begräbt auch heil in Siena ankommen. Das hört ihr dann aber später, nach der nächsten Maus ;-)!
Bis dahin umarme ich alle meine Lieben in Gedanken ganz fest und "grüß mal alle, die mich kennen" (ich hasse es wenn Leute im Radio sowas sagen; sind die immer so unpräzise? Sagen die auch an der Käsetheke "geben sie mir mal 200 Gramm von jeder Sorte, die ich kenne"?! na gut, dies nur als kleinen Denkanstoß auf die Nacht... ;-)
Bis bald! Judith und ihr Kontrollteufel