Donnerstag, 26. Juni 2008

Fußball-Schwalbe ;-)

Die erste Neuigkeit, die ich zu berichten habe, ist eigentlich keine Neuigkeit, aber so schön dass man es trotzdem nicht oft genug erwähnen kann: Wir sind im Finale!!!!!!!!

So, jetzt aber zu den echten Neuigkeiten, allen voran eine kurze Aktualisierung der in den vorhergehenden Blogeinträgen getroffenen Aussagen bezüglich des Wetters: es ist heiß. Sehr heiß. Schweineheiß. So heiß dass ich garnicht so schnell trinken kann wie ich schwitze. Na endlich! Dies könnte zwar nächste Woche ein Problem werden, aber im Moment genieße ich es noch. Ja, nächste Woche starte ich nämlich mein großes Abenteuer: Siena-Rom, 250 Kilometer, 12 Tage, ein Rucksack, ein Paar Wanderschuhe und ein hektischer Papa. Deshalb wundert euch nicht wenn ihr die nächsten Wochen nix mehr von mir hört: ich werde mich irgendwo zwischen Siena und Rom auf der Landstraße befinden.

Ansonsten gibt es Neues bezüglich meines Proletarier aller Länder vereinigt euch-Traktats über Franco Fortini. Ich habe die Hausarbeit letzten Donnerstag abgegeben, in der irrigen Hoffnung, der zuständige Sachbearbeiter (Professor Mazzoni) würde sie lesen, korrigieren und gut ist. Weit gefehlt. Er nimmt mein capolavoro süffisant lächelnd entgegen und meint: "Sehr schön, danke, und die mündliche Prüfung machen wir dann am Dienstag!" Mündliche Prüfung?? Wer, ich?!? Warum, wieso??? Zum Lernen hatte ich dann auch gar keine Zeit, weil übers Wochenende die Juli zu Besuch kam. Deshalb stand ich dann Dienstag nach einem sehr schönen Wochenende MIT Juli und OHNE Franco Fortini unvorbereitet und nervös vor dem Sprechzimmer des Sadisten und hoffte, der Kelch möge an mir vorübergehen. Und tatsächlich: er fand sehr warme Worte für meine Hausarbeit (Mazzoni, nicht der Kelch) und meinte, er hätte hierzu keine Fragen mehr (Aufatmen) und wolle lieber über die anderen im Kurs besprochenen Dichter reden (gleich wieder Ausatmen, da noch nicht mal über die Titel der jeweiligen Bücher im Bilde). Welcher Dichter mir denn besonders gefallen hätte? Super, ich könnte jetzt wild einen Nachnamen nennen, aber schon wenn er mich dann nach dem Vornamen fragt ist alles zu spät, deshalb verlagere ich lieber den Schwerpunkt und beginne einen ausgedehnten Monolog zur Ambiguität des Wortes "gefallen" ("sie werden mir ja sicher zustimmen wenn ich sage, dass ein Unterschied besteht zwischen "gefallen" im Sinne von "Interesse erwecken" und "gefallen" im Sinn von "Befriedigung ästhetischen Empfindens" etc pp schwall blabla). Zum Glück meinte er dann ziemlich schnell danke reicht, und gab mir, vielleicht weil ihm meine Hausarbeit wirklich gefallen hat, vielleicht weil er wollte dass ich aufhöre zu reden, die Höchstnote, trenta e lode. Da haben sich die Partisanen in den Bergen ja richtig ausgezahlt ;-)!

Hm, was gibt es sonst noch Neues.... ach ja: ich habe einen Vogel. Also einen realen, zusätzlich zum eh schon vorhandenen mentalen. Sie heißt Juana la loca und ist eine kleine Kamikazeschwalbe, die offensichtlich der Meinung war, fünf Federn reichten völlig aus um zu fliegen. Geflogen ist sie ja auch, aber nur vom Dach auf den Boden, direkt vor meine Füße. Die umstehenden Italiener, für ihr empathisches und tierliebes Naturell bekannt, rieten mir Juanita umgehend zu entsorgen, da sie "ja eh krepiere". Ich habe daraufhin meine zweite Ansprache an diesem Tag gehalten, die besagt, dass sich der Grad der Zivilisiertheit einer Bevölkerung an ihrem Umgang mit Tieren zeigt und sich die Italiener demzufolge auf dem Stand von Halbwilden befinden. Die Neandertaler haben uns dann ausgelacht, aber Juanita und ich haben sie hocherhobenen Hauptes einfach stehengelassen und sind nach Hause gegangen. Dort habe ich angefangen sie ein bißchen aufzupäppeln; am Anfang weigerte sie sich, das in Milch eingeweichte Brot zu essen, und ich hatte schon Angst sie sei zu schwach, es stellte sich aber heraus dass sie schlicht und einfach Wiener Würstchen bevorzugt. Seitdem wird sie jeden Tag ein bißchen kräftiger und versucht zu fliegen, was aber im Moment noch eher mäßigen Erfolg zeigt.

so, jetzt seid ihr wieder auf dem Laufenden was mein Leben in Siena betrifft; ich muss los, Juanita füttern. Lasst es euch allen gutgehen, ich melde mich wieder nach meinem Gewaltmarsch nach Rom!

Eure Judith

Montag, 9. Juni 2008

Irland zu Gast bei Siena, Europa zu Gast bei Freunden

Wie ich ja schon erwähnt habe regnet es in Siena. Also kein 10-Minuten-Sommergewitter nach zu großer Hitze, sondern Regen im Sinn von deutscher Herbst. Deshalb liefert die Stadt auch das ideale Ambiente zum derzeit stattfindenden Peace-Friede-Freiheit in Nordirland-Festival im Garten hinter der Mensa. Die Wiesen sind grün, die Luftfeuchtigkeit stimmt, und wenn man die Augen schließt vermeint man fast das Mähen unzähliger Schafe zu hören. Wenn man die Augen wieder öffnet sieht man zwar dass es sich in Wirklichkeit um das Mähen unzähliger Senesen handelt, kommt aber fast aufs Gleiche raus. Das gebotene Programm ist auch wirklich sehr irisch (nicht dass ich von Irland wirklich Ahnung hätte, aber das Klischee wird auf jedenfall bedient) und sehr unterhaltsam: eine lustige Mischung aus Guinness, Folkloretanz, Geigen, Harfen und Flöten. Die Lieder die gesungen werden handeln übrigens von Friede, Freiheit und sicherlich auch manchmal von Partisanen in den Bergen, ich bin mir sicher. Um die feucht-fröhliche Stimmung anzuheizen ruft der bärtige, mit einer Quetschkommode und einem riesen Guinness-Bauch ausgestattete irische Klischee-Großvater in die italienische Zuschauermenge: "Hey Siena, are you having a good time?!?" Stille. Keine Reaktion. "Siena, I can`t hear you! ARE YOU HAVING A GOOD TIME???" Man könnte eine Stecknadel ins nasse Gras fallen hören. Armer Babbo Natale, so kann er das noch lange versuchen, das Zusammentreffen von italienischen Ohren und englischer Sprache trägt selten Früchte... ;-)!
Naja und seit vorgestern dann die Gegenveranstaltung zu Friede, Zimbeln und grünen Wiesen: Fußball-EM! Gut, die grüne Wiese ist da auch mit dabei, nur mit dem Friede ist es nicht so weit her, hier handelt es sich um bitteren Ernst! Na gut, auch nicht so richtig, wir sind ja schließlich alle Erasmusstudenten und von daher eine große, friedlich-freundschaftliche Ansammlung von Weltenbürgern zu Gast bei Freunden und so. Aber wenn dieser polnische Spieler mit dem unaussprechlichen Namen meint den Michael foulen zu müssen, also da könnte ich ja schon der Kasia, meiner polnischen Freundin in Friedenszeiten, unauffällig ein bißchen Salz in die Cola streuen!!! ;-))))
Es bleibt weiterhin spannend, heute Abend rollen sich ja die Weltmeister mal wieder schmerzverzerrt über den Rasen, man darf gespannt sein!
bis dahin einen sportlich-friedlichen Gruß an alle daheim und im Rest der Welt!
Eure Judith